Ernte 2024: Erste Mähdrescher rollen über die Felder
Die Ernte 2024 steht an. Die Prognose: mäßig. Starkregen hat die Aussaat verzögert und sorgt für Krankheitsdruck bei den Pflanzen. Mancherorts sind Bestände sogar ins Lager gegangen. Bernhard Chilla, Marktanalyst bei der AGRAVIS Raiffeisen AG, wirft einen Blick auf die Ernte in Deutschland und über die Landesgrenzen hinaus. Die Fachleute aus den AGRAVIS-Arbeitsgebieten beschreiben die Situation in den unterschiedlichen Regionen Deutschlands.
Bernhard Chilla zur Weizenernte in Deutschland und anderen Ländern
Die Wachstumsbedingungen für den Weizen zur Ernte 2024 waren hierzulande bis in den Juni hinein sehr durchwachsen. Zu nasse Aussaatbedingungen im Herbst und Winter 2023 führten zu einem signifikanten Anbauflächenrückgang im Vergleich zum Vorjahr. Die Anbaufläche zur diesjährigen Ernte könnte in Deutschland mit gut 2,7 Millionen Hektar rund vier Prozent unter der Vorjahresfläche liegen und so niedrig werden wie zur Ernte 1997. Das überdurchschnittlich nasse Frühjahr führte zusätzlich zu einem hohen Krankheitsdruck in den Flächen. So soll die Weizenproduktion mit 20 bis 21 Millionen Tonnen nochmals niedriger ausfallen als die schon relativ schwache Erntemenge des Vorjahres von gut 21 Millionen Tonnen. Doch nicht nur Deutschland war von diesen schwachen Wachstumsbedingungen betroffen. Nahezu aus jedem Land westlich von Deutschland wurden schwache Wachstumsbedingungen berichtet.
In Frankreich sank die Anbaufläche wegen der Nässe im Herbst um knapp zehn Prozent im Vergleich zur Ernte 2023. Die von FranceAgrimer erhobene wöchentliche Bonitierung der Weizenbestände zeigte bis Mitte Juni ein klares Bild: Die Ratings „gut bis sehr gut“ fallen im Vergleich zum Vorjahr deutlich ab. Sie waren bislang so schlecht wie zuletzt zur Ernte 2020, was damals auch in eine sehr niedrige Weizenproduktion mündete und den Exportüberschuss des Landes signifikant reduzierte.
In England sollen die Auswirkungen durch das nasse Wetter seit dem Sommer 2023 noch deutlich stärker ausgefallen sein. Die Anbauflächen sind deutlicher zurückgegangen als in Frankreich. Die aktuellen Ernteaussichten liegen weit unter der Vorjahresmenge. Vor allem mögliche hohe Produktionsausfälle in England könnten für den deutschen Exportmarkt wichtig werden. England ist traditionell ein wichtiger Abnehmer von deutschem Weizen, überwiegend Qualitätsweizen. Die Einfuhren Englands aus Deutschland waren in den Jahren mit hohen Ernteausfällen besonders stark. Doch für den Export nach England müsste die Weizenqualität überzeugen, die hierzulande im vergangenen Jahr aufgrund des widrigen Erntewetters stark litt.
Die Qualität des diesjährigen Weizens in Deutschland dürfte für die Vermarktung dann noch zusätzlich wichtig werden, da nicht nur in weiten Teilen der EU die Ernteaussichten unter der Vorjahresmenge liegen sollen, sondern auch in Russland, dem wichtigsten Weizenexporteur der Welt. Russlands Marktanteil am globalen Weizenhandel ist im laufenden Wirtschaftsjahr auf 25 Prozent gestiegen, vor fünf Jahren lag dieser Anteil bei unter 20 Prozent. In Russland sanken die Ernteaussichten für 2024 aufgrund widriger Wachstumsbedingungen im Süden des Landes auf 80 bis 83 Millionen Tonnen nach über 90 Millionen Tonnen im Vorjahr. So wenig Weizen wurde in Russland zuletzt 2021 geerntet. Somit ist klar: Jeder Produktionsrückgang auf unter 85 Millionen Tonnen senkt den Exportüberschuss Russlands im kommenden Wirtschaftsjahr 2024/25 signifikant.
Damit sollte für den deutschen Markt sehr wichtig werden, dass bei etwaigen Ernteausfällen in Frankreich, England oder Russland die Weizenqualität überzeugt. Das dürfte die Vermarktungschancen 2024/25 deutlich erhöhen.
Die Situation in den AGRAVIS-Arbeitsregionen
Staunässe, verzögerte Aussaat und Krankheitsdruck beschäftigen die Landwirtinnen und Landwirte in ganz Deutschland. Die AGRAVIS-Fachleute geben einen Überblick über die aktuelle Situation und schätzen die Ernte in ihren Arbeitsgebieten in Ostfriesland, Niedersachen, Ostdeutschland, Westfalen und Hessen ein. Die detaillierten Prognosen der AGRAVIS-Experten finden Sie hier: