HHU-geführtes Forschungskonsortium will gefährliche Pflanzenseuche beim Reis ausrotten
Biologie: Zwei Veröffentlichungen in Nature Biotechnology
28.10.2019 – Das „Healthy Crops“-Forschungskonsortium, das von Humboldt-Professor Wolf B. Frommer von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) geleitet wird, entwickelt Werkzeuge, um Bakterienbrand von Reis zu bekämpfen. In der jüngsten Ausgabe der Fachzeitschrift Nature Biotechnology veröffentlichen sie zwei Studien, in denen sie sowohl neue, multiresistente Reissorten vorstellen als auch ein Diagnose-Kit, um neue Varianten des Krankheitserregers zu erkennen. Dieses Kit wurde speziell für Kleinbauern in Südasien und Afrika entwickelt.
Reis ist die wichtigste Nahrungspflanze für die ärmsten und unterernährten Menschen. Mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung isst jeden Tag Reis. Im Afrika südlich der Sahara ist Reis die Nahrungsquelle, die am schnellsten wächst und mehr Kalorien liefert als irgendein anderes Nahrungsmittel. Eine große Bedrohung für Nahrungsmittelsicherheit ist die Reiskrankheit „Bakterienbrand“, die von dem Bakterium Xanthomonas oryzae pv. oryzae (Xoo) verursacht wird. Allein in Indien schätzt man die jährlichen Verluste durch Bakterienbrand auf 3,6 Milliarden US-Dollar. Xoo kann den gesamten Ernteertrag eines Kleinbauern zerstören, wodurch Jahreseinkommen, Landbesitz und Nahrungsmittelsicherheit für die ganze Familie bedroht werden.
Healthy Crops will diesen Bauern wirkungsvolle Werkzeuge für den Kampf gegen Bakterienbrand in die Hand geben und damit langfristig die Krankheit ausrotten. Das Konsortium besteht aus sechs Forschungsinstituten auf drei Kontinenten, darunter neben der HHU die University of Florida und University of Missouri in den USA, das Tropenzentrum für Agrarforschung (CIAT) in Kolumbien, das Institut de Recherche pour le Développement (IRD) in Frankreich und das Internationale Institut für Reisforschung (IRRI) auf den Philippinen.
Wie schaffte es also das Team, die Bakterien in ihre Schranken zu weisen? „Wir verhindern, dass das Xoo-Bakterium Nährstoffe von der Pflanze rauben kann, um sich zu vermehren“, erklärt Dr. Bing Yang von der University of Missouri. Hierzu nutzen die Forscher ihr Wissen darüber, wie sich die Bakterien Zugang zu den Nährstoffen der Reispflanze verschaffen. Haben die Xoo-Bakterien eine Reispflanze befallen, schleusen sie sogenannte TAL-Effektoren in die Reiszelle. Diese Effektoren funktionieren wie Schlüssel für die pflanzliche Vorratskammer, indem sie die „SWEET-Gene“ der Reispflanze aktivieren. Dadurch werden sogenannte SWEET-Promotoren aktiviert, die Zucker aus der Reiszelle heraus transportieren, hin zu den Bakterien, die so mit Nährstoffen versorgt werden und sich vermehren können.
Manche Reissorten sind resistent gegen bestimmte Xoo-Stämme. Die Wissenschaftler hatten bei diesen Sorten schon früher herausgefunden, dass deren SWEET-Promotoren Änderungen enthalten, die verhindern, dass die bakteriellen TAL-Effektoren binden können. Diese Pflanzen haben also quasi ihr Schloss so geändert, dass der bakterielle Schlüssel nicht mehr passt. Die Bakterien können so die SWEET-Transporter nicht mehr aktivieren, um den Zuckertransport zu ihren Gunsten umzusteuern.
Aber auch das Bakterium weiß sich anzupassen: Es gibt unterschiedliche Xoo-Stämme, die jeweils mit anderen Schlüsseln angreifen. Somit gibt es ein regelrechtes Rennen zwischen Xoo-Stämmen, die neue Schlüssel entwickeln und resistenten Reissorten mit geänderten Schlössern. Das Konsortium hat sechs verschiedene Angriffspunkte in den Promotoren von drei verschiedenen SWEET-Genen identifiziert. Wolf Frommer, Alexander von Humboldt-Professor am Institut für Molekulare Physiologie der HHU, der das Konsortium leitet, sagt: „Mit diesem Wissen und den Werkzeugen, die wir entwickelt haben, können wir mindestens so schnell neue resistente Reissorten entwickeln wie die Bakterien neue Schlüssel.“
In den beiden jetzt in der Fachzeitschrift Nature Biotech erschienenen, aufeinander aufbauenden Studien stellt das Healthy Crops-Konsortium unterschiedliche Varianten zweier populärer Reissorten vor, die alle resistent sind gegen verschiedene Erreger des Bakterienbrands. Außerdem präsentieren sie das diagnostische „SWEETR-RESISTANCE KIT“, dass die schnelle Charakterisierung von neuen bakteriellen Krankheitserregern ermöglicht. Es ebnet somit den Weg für den schnellen und zielgerichteten Einsatz neuer Resistenzen, um den Bakterienbrand langfristig auszurotten. Das Kit soll bald Reisbauern und Forschern in Asien und Afrika zur Verfügung stehen.
Dr. Boris Szurek, Teamleiter am IRD, erklärt: „Wir nutzen die fortschrittlichsten Werkzeuge, um dem Pathogen in seinem Rennen mit der Reispflanze einen Schritt voraus zu sein.“ Dr. Ricardo Oliva, Erstautor und Leiter des IRRI Teams, ergänzt: „Unsere Ergebnisse ebnen den Weg, um diese Krankheit, die das Leben vieler Reisbauern massiv beeinträchtigt, komplett auszurotten. Wir haben jetzt die Möglichkeit, das Bakterium auszutricksen, in dem wir ihm einen Schritt voraus sind.“
Diese Forschungen wurden durch Förderung der HHU durch die Bill & Melinda Gates-Stiftung ermöglicht.
Weitere Informationen: www.healthycrops.org
Originalpublikation
Ricardo Oliva, Chonghui Ji, Genelou Atienza-Grande, José C. Huguet-Tapia, Alvaro Perez-Quintero, Ting Li, Joon-Seob Eom, Chenhao Li, Hanna Nguyen , Bo Liu, Florence Auguy, Coline Sciallano, Van T. Luu, Gerbert S. Dossa, Sébastien Cunnac, Sarah M. Schmidt, Inez H. Slamet-Loedin, Casiana Vera Cruz, Boris Szurek, Wolf B. Frommer, Frank F. White and Bing Yang, Broad-spectrum resistance to bacterial blight in rice using genome editing, Nature Biotechnology, 28.10.2019
DOI:10.1038/s41587-019-0267-z
Joon-Seob Eom, Dangping Luo, Genelou Atienza-Grande, Jungil Yang, Chonghui Ji, Van Thi Luu, José C. Huguet-Tapia, Si Nian Char, Bo Liu, Hanna Nguyen, Sarah Maria Schmidt, Boris Szurek, Casiana Vera Cruz, Frank F. White, Ricardo Oliva, Bing Yang and Wolf B. Frommer, Diagnostic kit for rice blight resistance, Nature Biotechnology, 28.10.2019
DOI: 10.1038/s41587-019-0268-y
Dr.rer.nat. Arne Claussen
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Die Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) ist seit 1965 die Universität der Nordrhein-Westfälischen Landeshauptstadt. Die HHU begreift sich als Bürgeruniversität, die ihr Wissen kontinuierlich mit der Gesellschaft im Großraum Düsseldorf teilt. Ihre Verankerung in Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft ist ebenso profilgebend wie ihre Ausrichtung als interdisziplinär agierende deutsche Volluniversität.
An ihrer Medizinischen, Mathematisch-Naturwissenschaftlichen, Philosophischen, Wirtschaftswissenschaftlichen und Juristischen Fakultät studieren rund 35.000 Studierende. Im Fokus der Forschung stehen traditionell die Lebenswissenschaften, ergänzt unter anderem durch Schwerpunkte wie Wettbewerbsforschung, Internet und Demokratie, Algebra und Geometrie sowie Sprache – Wissen – Kognition. 2018 wurde der seit 2012 bestehende HHU-Exzellenzcluster CEPLAS, der die künftige Welternährung durch Nutzpflanzen erforscht, im Rahmen der „Exzellenzstrategie“ von Bund und Ländern bestätigt.
Mehr zur HHU im Internet unter www.hhu.de.
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