Neues DFG-Schwerpunktprogramm untersucht Funktion spezialisierter Hirnzellen
Gemeinsames Forschungsprojekt der Universität des Saarlandes und der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
21.03.2013 – Wie arbeitet unser Gehirn? Welche Zellen übernehmen welche Funktionen? Und wie arbeiten die Gehirnzellen zusammen? Diesen Fragen werden Neurowissenschaftler in Deutschland um Prof. Dr. Christine Rose von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und Prof. Dr. Frank Kirchhoff von der Universität des Saarlandes und in einem neuen Schwerpunktprogramm nachgehen. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert das Vorhaben zunächst mit rund sechs Millionen Euro in den ersten drei von insgesamt sechs Jahren. Die Forscher möchten unter anderem herausfinden, welche Rolle die sogenannten Gliazellen im Gehirn spielen. Ihre Ergebnisse können dazu beitragen, Prozesse im Hirn genauer zu verstehen, um künftig auch bessere Therapien für Krankheiten wie Schlaganfall, Hirntumore oder Multiple Sklerose zu entwickeln. Das Projekt startet Anfang 2014.
„Lange Zeit ging die Forschung davon aus, dass im Gehirn nur die Nervenzellen an der Informationsübertragung beteiligt sind“, berichtet Frank Kirchhoff, Professor für Molekulare Physiologie am Universitätsklinikum in Homburg und Koordinator des neuen Schwerpunktprogramms. „Die Gliazellen sah man lediglich als Stützzellen an.“ Neueste Forschungsergebnisse kommen allerdings zu einem anderen Schluss: Kirchhoff und sein Team konnten beispielsweise kürzlich erstmals nachweisen, dass die sogenannten Bergmann-Gliazellen an physiologischen Verarbeitungsprozessen im Kleinhirn beteiligt sind. Zudem haben Wissenschaftler in anderen Studien belegt, dass es verschiedene Typen der Gliazellen gibt.
In dem neuen Schwerpunktbereich „Functional Specializations of Neuroglia as Critical Determinants of Brain Activity“ möchten die Forscher in den kommenden sechs Jahren klären, welche genaue Rolle den unterschiedlichen Gliazellen in unserem Gehirn zukommt. „Wir möchten verstehen, wie sich Gliazellen entwickeln, wie sie sich differenzieren und wie sie mit Nervenzellen zusammenarbeiten“, erklärt Professorin Christine Rose, Co-Koordinatorin des Projekts und Leiterin des Instituts für Neurobiologie der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. „Dabei nehmen wir an, dass Gliazellen in unterschiedlichen Teilen des Gehirns unterschiedliche Eigenschaften haben, und dadurch die Funktion dieser Hirngebiete mitbestimmen. Die Erforschung dieser neu entdeckten Komplexität wird uns nur im interdisziplinären Verbund gelingen.“
Die Gliazellen unterscheiden sich unter anderem darin, dass sie verschiedene Proteine herstellen und andere Formen der Signalübertragung und des Molekültransports nutzen. „Das legt natürlich den Schluss nahe, dass die Zellen spezifische Funktionen entwickelt haben, um in den unterschiedlichen Hirnarealen jeweils andere Aufgaben erfüllen zu können“, kommentiert Prof. Frank Kirchhoff diese Ergebnisse.
Unterschiedliche Forschungsschwerpunkte
Biochemiker, Chemiker, Genetiker, Molekularbiologen, Neurobiologen, Physiker und Physiologen aus ganz Deutschland werden eng verzahnt in kleineren Teilprojekten zusammen forschen. Die Erkenntnisse der Wissenschaftler könnten in Zukunft helfen, grundlegende Prozesse im Gehirn besser zu verstehen und so auch dazu beitragen, neue Therapien gegen neurodegenerative Krankheiten wie Demenz zu entwickeln.
Das Team von Christine Rose möchte mit Hilfe von hochauflösenden bildgebenden Techniken intrazelluläre Ionenveränderungen in Gliazellen erforschen. Diese Ionensignale sind zum Beispiel entscheidend, um die Hirndurchblutung an den Bedarf der Nervenzellen anzupassen. Sie stellen somit ein entscheidendes Element in der Versorgung der Neuronen mit Sauerstoff und Nährstoffen dar. Das Düsseldorfer Team hofft dadurch auch besser zu verstehen, wie Erkrankungen des Gehirns, zum Beispiel Schlaganfälle, entstehen.
Frank Kirchhoff und sein Team untersuchen unter anderem molekulare und zelluläre Mechanismen der Gliazellen. In dem neuen Forschungsprojekt wollen sie die unterschiedliche Verteilung von Transmitterrezeptoren auf Gliazellen untersuchen. Sie gehen davon aus, dass ähnlich wie Menschen in verschiedenen Teilen der Welt ihre eigenen Sprachen nutzen, auch Gliazellen sich verschiedener Kommunikationswege mit den benachbarten Nervenzellen bedienen.
Förderung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft
Die DFG unterstützt das Vorhaben mit rund sechs Millionen Euro zunächst für drei Jahre. Nach dieser ersten Phase kann die DFG das Vorhaben weitere drei Jahre fördern. Neben der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und der Universität des Saarlandes sind zwölf weitere deutsche Universitäten sowie renommierte Forschungseinrichtungen wie das Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in Berlin, das Helmholtz-Zentrum München oder das Max-Planck-Institut für Experimentelle Medizin in Göttingen an diesem Projekt beteiligt.
Kontakt
Prof. Dr. Christine R. Rose
Institut für Neurobiologie
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Tel.: 0211 81-13416
E-Mail: rose@uni-duesseldorf.de
Prof. Dr. Frank Kirchhoff
Molekulare Physiologie
Universität des Saarlandes
Tel.: 06841 16-26489
E-Mail: frank.kirchhoff@uks.eu
Dr.rer.nat. Arne Claussen
Stabsstelle Kommunikation
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Universitätsstraße 1
40225 Düsseldorf
Tel.: 49 211 81-10896
Fax: 49 211 81-15279
arne.claussen@hhu.de
www.hhu.de
Die Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) ist seit 1965 die Universität der Landeshauptstadt und eine feste Größe in der deutschen Hochschullandschaft.
An ihrer Medizinischen, Mathematisch-Naturwissenschaftlichen, Philosophischen, Wirtschaftswissenschaftlichen und Juristischen Fakultät studieren über 23.000 Studierende. Im Fokus der wissenschaftlichen Forschung stehen traditionell die Lebenswissenschaften. Zuletzt konnte im Rahmen der „Exzellenzinitiative“ von Bund und Ländern die Förderung eines Exzellenzclusters in der Pflanzenzüchtungsforschung gewonnen werden.
Mehr zur HHU im Internet unter www.hhu.de.
Tags: