Selbstschutz: Acker-Schmalwand erzeugt Vitamin E aus Stoffwechselprodukten

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Publikation in The Plant Cell: Pflanze überlebt dank raffinierter Recycling-Strategie

12.10.2015 – Die Acker-Schmalwand Arabidopsis schützt ihre Samen mit Vitamin E gegen oxidativen Stress und hält sie so länger keimfähig. Forscher der Universitäten Bonn, Düsseldorf, Rostock und Florida identifizierten ein zentrales Gen, das an der Herstellung des Vitamins beteiligt ist. Dank dieses Gens kann die Pflanze Abbauprodukte des Chlorophylls als Baustein für die Vitamin-E-Synthese nutzen. Augenscheinlich zieht die Acker-Schmalwand daraus einen doppelten Nutzen: Die Chlorophyll-Abbauprodukte scheinen toxisch zu sein; nur wenn die Pflanze sie kontinuierlich weiter verwertet, ist sie überlebensfähig. Die Ergebnisse erscheinen im renommierten Fachjournal The Plant Cell.

Vitamin E ist genau genommen nicht der Name einer einzigen Substanz. Unter dem Label verbirgt sich eine ganze Reihe chemisch sehr ähnlicher Verbindungen. Allen gemeinsam ist, dass sie als Antioxidantien wirken: Sie neutralisieren Moleküle, die Zellbestandteile oxidieren und damit schädigen können.

Für Menschen ist Vitamin E lebenswichtig. Die Acker-Schmalwand wächst hingegen auch ganz gut ohne Vitamin E. Bei Mutanten, die kein Vitamin E produzieren können, lässt allerdings die Keimfähigkeit der Samen aufgrund oxidativer Schäden schnell nach.

Das Vitamin E-Molekül besteht aus zwei aneinander hängenden Ringen mit einem langen „Schwanz“. Das internationale Forscherteam konnte zeigen, dass dieser Schwanz vor allem aus einem Abbauprodukt des grünen Blattfarbstoffs Chlorophyll besteht. Eine zentrale Rolle spielt dabei ein Gen namens VTE6: Es trägt die Bauanleitung für ein Enzym, das einen wichtigen Schritt beim Zusammenbau des Schwanzes katalysiert.

Gendefekt beeinträchtigt Keimfähigkeit

„Wenn VTE6 defekt ist, finden wir in diesen Mutanten von Arabidopsis kaum noch Vitamin E“, sagt der Bonner Biochemiker Prof. Dr. Peter Dörmann. „Schon nach dreimonatiger Lagerung sind die Samen nicht mehr keimfähig – normalerweise überdauern sie einige Jahren ohne größere Beeinträchtigungen.“

Durch den Gendefekt ist die Verwertung der Chlorophyll-Abbauprodukte gestört. Daher häufen sie sich in den Blättern der Acker-Schmalwand an – mit dramatischen Konsequenzen: „Die betroffenen Pflanzen sind extrem kleinwüchsig und in ihrer Entwicklung deutlich verzögert“, erklärt Katharina vom Dorp, Erstautorin der Studie.

Die Acker-Schmalwand erschlägt also durch ihre Recycling-Strategie gleich zwei Fliegen mit einer Klappe: Sie sorgt dafür, dass sich in ihren Blättern keine toxischen Stoffwechsel-Abbauprodukte anhäufen. Und sie nutzt diesen „Müll“ auch noch, um ihre Samen vor dem frühen Tod zu schützen – und so die eigene Verbreitung zu sichern.

Auch wenn die untersuchte Acker-Schmalwand keine Nutzpflanze ist, sondern ein eher unscheinbares Wildkraut, hat sie doch für die Forschung eine hohe Bedeutung. „Arabidopsis ist einer der zentralen Modellorganismen für uns Pflanzenforscher und wird weltweit vielfach eingesetzt“, so Prof. Dr. Andreas Weber vom Institut für Biochemie der Pflanzen der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. „Viele Ergebnisse, die an dieser Pflanze gewonnen werden, können auf andere Organismen übertragen werden.“

Die Studie eröffnet neue Ansätze, um Pflanzen mit einem höheren Vitamin E-Gehalt herzustellen – etwa durch gezielte Züchtung oder auf gentechnischem Weg. Das Interesse der Pharma-Branche ist groß: Das Antioxidans soll zum Beispiel gegen Krebserkrankungen vorbeugen; außerdem wird es gezielt als Anti-Aging-Medikament vermarktet. Die Studienlage sei allerdings uneinheitlich, sagt Dörmann: „Ob Vitamin E über die lebensnotwendige Menge hinaus nennenswerte positive Effekte hat, ist noch nicht eindeutig belegt.“

Originalpublikation

Katharina vom Dorp, Georg Hölzl, Christian Plohmann, Marion Eisenhut, Marion Abraham, Andreas P.M. Weber, Andrew D. Hanson, and Peter Dörmann: Remobilization of Phytol from Chlorophyll Degradation is Essential for Tocopherol Synthesis and Growth of Arabidopsis; The Plant Cell

DOI: 10.1105/tpc.15.00395

Kontakt

Prof. Dr. Peter Dörmann
Institut für Molekulare Physiologie und Biotechnologie der Pflanzen (IMBIO)
Universität Bonn
Tel.: +49 (0)228 73 2830
E-Mail: doermann@uni-bonn.de

Prof. Dr. Andreas Weber
Institut für Biochemie der Pflanzen / Cluster of Excellence on Plant Science (CEPLAS)
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Tel.: +49 (0)211 81 12347
E-Mail: andreas.weber@hhu.de

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Die Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) ist seit 1965 die Universität der Landeshauptstadt und eine feste Größe in der deutschen Hochschullandschaft.

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