Steifes Gewebe ist schlechter durchblutet
Stoffwechselphysiologie: Veröffentlichung in Nature Communications
20.12.2016 – Die Festigkeit eines Gewebes bestimmt die Lage und Dichte von Blutgefäßen, die es durchdringen. Forscher von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) und des Deutschen Diabetes-Zentrums (DDZ) fanden heraus, dass weiches Gewebe wie die Langerhans-Inseln in der Bauchspeicheldrüse deutlich mehr Blutgefäße besitzen als festeres, etwa Muskelgewebe. In der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Nature Communications beschreiben sie, dass Genveränderungen die Festigkeit der Langerhans-Inseln erhöhen und deren Durchblutung verschlechtern können.
Über Blutgefäße wird das Körpergewebe mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt. Je dichter das Gewebe mit Blutgefäßen durchzogen ist, desto mehr Nährstoffe gelangen auch zu den Gewebezellen. Diese Dichte an Blutgefäßen variiert sehr stark zwischen verschiedenen Geweben: Während weiche Gewebe wie das Gehirn oder die Langerhans-Inseln sehr stark durchblutet sind, durchziehen harte Gewebe wie die Skelettmuskulatur oder noch mehr Knorpel und Bindehaut nur wenige Blutgefäßen.
Die Langhans-Inseln in der Bauchspeicheldrüse spielen die zentrale Rolle in der Regulierung des Blutzuckerspiegels, da sie – abhängig vom Blutzuckerwert – mehr oder weniger des Hormons Insulin ausschütten. Insulin regt wiederum andere Zellen an, Blutzucker aufzunehmen und umzusetzen. Die Düsseldorfer Forscher um Prof. Dr. Eckhard Lammert vom Institut für Stoffwechselphysiologie der HHU und des DDZ haben zusammen mit Kollegen der ETH Zürich (in Basel) die Langerhans-Inselzellen genetisch verändert und dadurch ihre Festigkeit beeinflusst. Die biomechanischen Untersuchungen führte Prof. Dr. Daniel Müller an speziellen Mikroskopen in Basel durch, mit denen die Gewebesteifheit quantifiziert werden kann.
Prof. Lammert: „Bei hoher Gewebefestigkeit verlassen die Blutgefäße die Langerhans-Inseln fast vollständig.“ Die Forscher fanden heraus, dass die Endothelzellen, aus denen die Blutgefäße bestehen, deutlich schlechter an festeres Gewebe binden als an weicheres Gewebe. Prof. Lammert weiter: „Dies zeigt uns, dass eine gewisse Flexibilität des Gewebes sehr wichtig für die Blutversorgung ist.“
Die Forschungsergebnisse haben verschiedene Implikationen und weisen folgenden Untersuchungen den Weg. So deutet die Tatsache, dass mit zunehmendem Alter das Gewebe steifer wird, darauf hin, dass dies auch die schlechtere Durchblutung bei älteren Patienten verursacht. Im Hinblick auf den Diabetes soll untersucht werden, ob ein erhöhter Blutzuckerspiegel bei Diabetikern zur Versteifung von Geweben beiträgt, was wiederum zu einer schlechteren Durchblutung der Gewebe führt und diese – etwa in der Niere, den Augen oder den entfernten Gliedmaßen – schädigt. Ebenfalls wird zu untersuchen sein, welche biomechanischen Eigenschaften Tumorgewebe haben und ob durch Beeinflussung der Steifigkeit die Tumordurchblutung reduziert werden kann. Dies wäre möglicherweise ein therapeutischer Ansatz, um Tumore zu schwächen und das Krebswachstum zu behindern.
Die Forschungsarbeit von Prof. Lammert wurde unter anderem durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung, das Bundesgesundheitsministerium, das Ministerium für Innovation, Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen sowie die Anton-Betz-Stiftung der Rheinischen Post e.V. gefördert.
Originalpublikation
Martin Kragl, Rajib Schubert, Haiko Karsjens, Silke Otter, Barbara Bartosinska, Kay Jeruschke, Jürgen Weiß, Chunguang Chen, David Alsteens, Oliver Kuss, Stephan Speier, Daniel Eberhard, Daniel Müller & Eckhard Lammert, The biomechanical properties of an epithelial tissue determine the location of its vasculature, Nature Communications, 7:13519, 20. Dezember 2016
DOI: 10.1038/ncomms13560
Dr.rer.nat. Arne Claussen
Stabsstelle Presse und Kommunikation
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Universitätsstraße 1
40225 Düsseldorf
Tel.: 49 211 81-10896
Fax: 49 211 81-15279
arne.claussen@hhu.de
www.hhu.de
Die Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) ist seit 1965 die Universität der Landeshauptstadt und eine feste Größe in der deutschen Hochschullandschaft.
An ihrer Medizinischen, Mathematisch-Naturwissenschaftlichen, Philosophischen, Wirtschaftswissenschaftlichen und Juristischen Fakultät studieren rund 31.000 Studierende. Im Fokus der wissenschaftlichen Forschung stehen traditionell die Lebenswissenschaften. Zuletzt konnte im Rahmen der „Exzellenzinitiative“ von Bund und Ländern die Förderung eines Exzellenzclusters in der Pflanzenzüchtungsforschung gewonnen werden.
Mehr zur HHU im Internet unter www.hhu.de.
Tags: