Die wichtigsten Fakten zum Thema Fahrwerk
Kann ich Federn und Stoßdämpfer selbst einbauen? Spürt man, wenn die Stoßdämpfer verschlissen sind? Worin unterscheiden sich hochwertige und billige Ersatzteile? Gerade beim Thema Fahrwerk stellen sich Autofahrer viele Fragen. Andererseits werden viel Halbwissen und Pauschalaussagen kommuniziert. Die Experten der BILSTEIN Academy, die normalerweise vor allem Spezialwissen an Werkstattmitarbeiter vermitteln, haben sich deshalb jetzt typischer Verbraucherfragen angenommen.
Was bewirken Stoßdämpfer im Fahrzeug?
Anders als bei den Federn, die wirklich für die Federung des Fahrzeugs zuständig sind, führt der Begriff „Stoßdämpfer“ etwas in die Irre. Eigentlich müsste man von Schwingungsdämpfern sprechen, denn sie bauen die beim Ein- und Ausfedern erzeugten Schwingungen kontrolliert ab. Gäbe es Stoßdämpfer nicht, würde ein Auto ziemlich lang nachfedern und sich in Extremsituationen immer mehr aufschaukeln. Hierdurch ergäbe sich insbesondere auf welliger oder kurviger Fahrbahn ein höchst instabiles Fahrverhalten und der Fahrbahnkontakt könnte immer wieder abreißen. Folglich finden Stoßdämpfer schon lange Verwendung im Automobilbau. Damit sie ihre volle Wirkung behalten, müssen Stoßdämpfer als typische Verschleißteile jedoch bisweilen ausgetauscht werden. Da es hierfür keine festen Intervalle gibt, sollte ihre Funktion regelmäßig in der Werkstatt überprüft werden.
Welche Typen von Stoßdämpfern kommen heute vor allem zum Einsatz?
Die heute übliche Bauform des Teleskopstoßdämpfers reicht mit verschiedenen Zwischenschritten beinahe 100 Jahre zurück. Dabei bewegt sich ein mit Ventilöffnungen versehener Kolben in einem Ölbad, wodurch die durch die Federung erzeugten Schwingungen effektiv abgebremst werden. Verdrängtes Öl fließt dabei beim klassischen Zweirohrdämpfer über weitere Ventile in einen Vorratsraum ab. Nachteil: Wird der Dämpfer wiederholt stark angeregt, geht ein Teil des Öls in Verbindung mit er in ihm gebundenen Luft in Schaum über. Da sich dieser anders als Flüssigkeit leicht komprimieren lässt, droht im schlimmsten Fall ein Dämpfkraftverlust von bis zu 35 %. BILSTEIN hat deshalb bereits 1954 für das Gasdruckprinzip Pionierarbeit geleistet. Bei dem seinerzeit zur Serienreife entwickelten Einrohr-Gasdruckstoßdämpfer verhindert ein unter hohem Druck stehendes Stickstoffpolster das Aufschäumen des Öls. Somit bleibt die Dämpfkraft stets gleich und das Fahrverhalten berechenbar – man spricht hier auch von „kennungsstabil“. Bei aktuellen Fahrzeugen sind Gasdruckstoßdämpfer deshalb fast flächendeckend Standard. BILSTEIN ermöglicht zudem bei vielen älteren Fahrzeugen die Nachrüstung. Gasdruckstoßdämpfer für sportliche Anwendungen werden häufig auch in Einrohrtechnik angeboten. Hier werden alle Arbeitsabläufe in einem einzigen Rohr zusammengefasst, was bei diesem Anwendungszweck verschiedene technische Vorteile bietet.
Wie geht die Entwicklung aktuell weiter?
Gasdruckstoßdämpfer sind immer noch State of the Art, jedoch werden sie immer häufiger mit einer aktiven elektronischen Regelung kombiniert. Dabei ist es möglich, die Dämpfkraft auf Knopfdruck zu variieren, so dass das Fahrwerk sportlicher oder komfortabler agiert. Alternativ ist oft auch eine automatische Anpassung aufgrund von Sensor- oder Kamerafeedback möglich oder durch eine Auswertung des Fahrprofils. Technisch wird dies dadurch erreicht, dass der durch das Öl ausgeübte Widerstand verändert wird. Dies geschieht, indem man den Durchfluss an den Ventilen reguliert. Gerade bei hochwertigen Fahrzeugen sind immer wieder auch Luftfahrwerke anzutreffen. Anstelle der Stahlfeder kommt hier eine Luftfeder zum Einsatz, die mit den unterschiedlichsten Stoßdämpfervarianten kombiniert werden kann.
Muss man das Fahrwerk auch bei scheckheftgepflegten Autos separat prüfen lassen?
Im Rahmen der routinemäßigen Hauptuntersuchung findet nur eine Sichtprüfung der Fahrwerkkomponenten statt – ebenso bei Inspektionen. Spätestens alle 20.000 Kilometer sollte deshalb ein gründlicher Fahrwerkcheck in der Werkstatt durchgeführt werden. Im Alltag hingegen bleiben Fahrwerkprobleme vom Fahrer oft unerkannt. Stoßdämpfer verschleißen nämlich schleichend und oft zeigt sich das ganze Drama in der Praxis erst in Extremsituationen: etwa beim plötzlichen Ausweichen, wenn das Fahrzeug unvermittelt ausbricht. Zudem verlängert sich der Bremsweg um bis zu 20 Prozent und das Aquaplaning-Risiko steigt. ABS und ESP können diesen Effekt übrigens nur bedingt kompensieren, da ihre Wirksamkeit durch stark verschlissene Stoßdämpfer erheblich gemindert wird.
Kann ich Arbeiten am Fahrwerk selbst durchführen?
Für Werkstätten ist der Austausch von Fahrwerkkomponenten Routine. Auch Luftfahrwerke, aktive Dämpfer und das Setup von Sportfahrwerken beherrschen gut geschulte Betriebe aus dem Effeff. Gerade beim Umgang mit Fahrwerkfedern ist aufgrund der enormen gespeicherten Kräfte jedoch äußerste Vorsicht geboten – das gilt besonders für Laien! Wer ohne den richtigen Federspanner und die nötige Umsicht arbeitet, kann sich schwer verletzen. Hebebühnen sind ebenfalls nicht ganz ohne: Das Auto muss darauf absolut sicher stehen, damit es nicht herunterrutscht. Beim Anheben oder Absenken sollte sich zudem niemand im Gefahrenbereich aufhalten.
Hobby-Schrauber sollten zudem bedenken, dass Arbeiten am Fahrwerk 100 % korrekt durchgeführt werden müssen, schließlich handelt es sich um sicherheitsrelevante Bauteile. Fehler oder Nachlässigkeiten beim Einbau können im schlimmsten Fall zu einem Unfall führen. Einbauvideos aus dem Internet können zwar eine gewisse Orientierung bieten, doch längst nicht alle zeigen alle Abläufe korrekt. Man sollte deshalb nur seriösen Quellen vollständig vertrauen. Wer sich an Luftfahrwerke heranwagt, sollte erst recht wissen, was er tut. Denn durch bestimmte „Leichtsinnsfehler“ sind die neuen Komponenten schnell irreversibel beschädigt. Etwa dann, wenn man das Fahrzeug auf noch drucklose Federn ablässt.
Bei verstellbaren Sportfahrwerken ist neben dem korrekten Einbau das richtige Setup entscheidend, um die gewünschten Fahreigenschaften zu realisieren. Um Risiken zu vermeiden, legt BILSTEIN die Druck- und Zugstufeneinstellungen seiner Gewindefahrwerke so aus, dass alle Kombinationen fahrbar sind. Wer ein neues Fahrwerk, Tieferlegungsfedern oder Stoßdämpfer in ein Auto einbaut, muss abschließend in jedem Fall eine Achsvermessung durchführen lassen. Nur so kann sichergestellt werden, dass alle Fahrwerkparameter korrekt sind. Unterlässt man dies, können sich verschiedenste negative Folgen ergeben: vom mangelnden Geradeauslauf über Probleme beim Lenken bis hin zu einseitig abgefahrenen Reifen.
Wo kann ich mich im Hinblick auf Stoßdämpfer beraten lassen?
Grundsätzlich sollte man Stoßdämpfer nicht auf gut Glück aussuchen, sondern sich eingehend informieren. Gerade wer nicht nur ein einfaches Ersatzteil kaufen, sondern das Fahrverhalten seines Fahrzeugs zum Positiven verändern möchte, sollte unbedingt zu einem qualifizierten Fachbetrieb gehen. Neben dem reinen Einbau muss die Werkstatt sich schließlich auf das entsprechende Setup ebenfalls verstehen. Wichtig dabei ist es, den Mitarbeitern des Betriebs schon vorher seine genauen Wünsche mitzuteilen. Auf dieser Basis lässt sich dann das passende Produkt auswählen. Teuer und komplexer heißt dabei nicht unbedingt besser. Es kommt darauf an, welche Eigenschaften und Features man von einem Fahrwerk erwartet. Auch Werkstätten können sich bei BILSTEIN jederzeit Rat holen, um ihre Kunden auch in besonders komplizierten Fällen optimal zu betreuen: Der BILSTEIN Technical Support hilft per Telefon – 02333 791-4222 – oder E-Mail an technik@bilstein.de. Zusätzliches Grundwissen und Informationen zu Schulungen finden Interessierte zudem auf workshop.bilstein.com.
Wenn alle Stoßdämpfer nach dem gleichen Prinzip arbeiten, sind sie auch gleich gut?
Das zugrundeliegende physikalische Prinzip ist bei allen modernen Stoßdämpfern gleich, egal ob großer Pick-up, wendiger Sportwagen oder komfortabler SUV. Trotzdem gibt es im Detail große Unterschiede, schließlich weichen die Fahrzeuge in puncto Größe, Gewicht, Radstand, Beladungszuständen etc. enorm voneinander ab. Die finale Abstimmung von Stoßdämpfern ist im wahrsten Sinne des Wortes sehr kleinteilig: So lässt sich ihr Charakter durch die Kombination winziger Federscheiben feintunen. Neben den besonders wichtigen Baumaßen und diesem Setup gibt es eine Fülle weiterer Details, die für die Performance eines Stoßdämpfers als Ersatzteil wichtig sind. Es handelt sich um fein austarierte Systeme, bei denen kleine Abweichungen bei der Konstruktion große Unterschiede beim Fahrverhalten bewirken. Insbesondere bei Offroad-Stoßdämpfern sind dies zum Beispiel große externe Reservoirs. Ist das Fahrzeug von Haus aus mit aktiven Dämpfern ausgestattet, braucht es auch entsprechende Ersatzteile, damit dieses Feature weiter funktioniert. Insbesondere Luftfederbeine werden gerne durch wiederaufbereitete Altteile ersetzt. Was viele nicht bedenken: Die integrierten Stoßdämpfer sind in diesem Fall ebenfalls gebraucht und noch im Originalzustand mit ungewisser Laufleistung. Zudem werden bisweilen auch die Magnetventile stillgelegt, so dass aus einem aktiven Luftfahrwerk ein passives wird. BILSTEIN setzt aus den dargelegten Gründen in allen Bereichen stets auf fabrikneue Ware, die zu 100 % das Niveau des Original-Serienteils erreicht und alle werkseitigen Funktionen unterstützt.
Welche Risiken gehen Autofahrer mit dem Kauf von billigen Stoßdämpfern ein?
Neben den bereits erwähnten Aspekten wie fehlende Features bei aktiven Dämpfern gibt es auch Defizite bei der Güte der Materialien und der Fertigungspräzision. Ist hier nicht alles im Lot, kann sich das Fahrverhalten im Vergleich zum ursprünglichen Zustand verschlechtern. Zudem kommt es durch minderwertige Materialien viel schneller zu Undichtigkeiten oder Korrosion, was wiederum die Fahrsicherheit beeinträchtigt. Kurz gesagt: Billige Stoßdämpfer halten oft nicht so lange und verschleißen zum Teil schneller. Aus diesem Grunde sollte man ein Fahrzeug mit serienmäßigen Gasdruckstoßdämpfern auch nicht auf preiswertere Öldämpfer zurückrüsten. BILSTEIN vertritt die Meinung, dass Ersatzteile mindestens Erstausrüstungsqualität besitzen sollten. Schließlich sind Stoßdämpfer sicherheitsrelevante Komponenten, womit sich jeglicher Rückschritt quasi von selbst verbietet.
Was können Autofahrer in puncto Stoßdämpfer „terrainabhängig“ optimieren?
Wer häufig auf schlechten Straßen unterwegs ist, regelmäßig einen Anhänger zieht oder voll beladen fährt, kann zum Beispiel zum Gasdruckstoßdämpfer BILSTEIN B6 wechseln. Mit seinem Plus an Dämpfkraft und vielen weiteren positiven Eigenschaften steht er für die Option „verbesserter“ Serienersatz. Auch bei SUVs, Kleinbussen und anderen Fahrzeugen mit konstruktionsbedingt hohem Schwerpunkt bietet er sich für ein deutlich besseres Fahrgefühl an. Für den sportlich ambitionierten Fahrer gibt es dann natürlich noch die klassischen Sportfahrwerke. Durch einen niedrigen Schwerpunkt und eine „härtere“ Feder-Dämpfer-Kombination bieten sie extrem viel Fahrspaß. Vom reinen Einbau kürzerer Federn rät BILSTEIN übrigens ab, da hier das Zusammenspiel mit den Seriendämpfern nicht optimal ist. Wer eine variable Höheneinstellung möchte, kann auch zu einem Gewindefahrwerk greifen. Exklusivere Produkte bieten darüber hinaus eine Einstellmöglichkeit für Druck- und Zugstufe. So kann das Setup wie im Rennsport jederzeit verändert werden. Last but not least ist sogar die Nachrüstung eines aktiven Fahrwerks möglich. Wer zur kleinen, aber äußerst umbaufreudigen Gruppe der Offroad-Fans gehört, kann auch über eine spezielle Höherlegung nachdenken. Entsprechende Fahrwerke bieten viel Bodenfreit für unebenes Gelände oder tiefen Schnee und extralange Federwege.
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