Mit Tamarinden-Polymeren gegen die globale Erwärmung

Report this content

Schutzen Chemical Group durch ISC3 für Nachhaltige Chemie begeistert – Start-up gewinnt ISC3 Innovation Award 2023

Wenn Süd-Mumbai in sieben Jahren überflutet wird, verlieren 20 Millionen Menschen ihre Heimat. Die Zahl der Krebserkrankungen bei Kindern steigt dieses Jahr um 37 Prozent. Die Müllberge in seiner Heimat werden immer größer. Mit drei erschreckenden Fakten spitzt Raj Tanna als einer von acht Finalisten der Innovation Challenge des International Sustainable Chemistry Collaborative Centre (ISC3) die Folgen zunehmender Kunststoffproduktion aus fossilen Rohstoffen zu: globale Erwärmung, Freisetzten gesundheitsschädlicher Stoffe und schlechte End-of-Life-Optionen. Mit seinem Start-up, Schutzen Chemical Group, erforscht und entwickelt er biobasierte und biologisch abbaubare Lösungen mit Polymeren aus den Fruchtkernen des Tamarindenbaums, die viele fossile Rohstoffe wie z.B. Silikon, Acrylate oder Polyurethan in bestimmten Branchen ersetzen können. Für diesen Beitrag zur Nachhaltigen Chemie zeichnete die internationale Expertenjury der Innovation Challenge das Start-up mit dem ISC3 Innovation Award 2023 aus, der mit 15.000 Euro dotiert ist.

Motiviert für Nachhaltige Chemie wurde Gründer Raj Tanna, der zunächst in der fossilen Chemie beschäftigt war und später Textiltechnologie in Manchester studierte, unter anderem durch die Initiative des ISC3. Das Kompetenzzentrum unterstützt Schutzen im Rahmen des ISC3 Global Start-up Service seit 2020 – mit Erfolg: Das indische Start-up hat eine funktionierende Technologie entwickelt, um den Nutzen von Polymeren aus den Früchten des Tamarindenbaums zu optimieren. So können zum Beispiel bei der Indigofärbung zur Jeansherstellung Chemikalien wie Natriumhydrosulfit ersetzt und der Wasserverbrauch um bis zu 60 Prozent gesenkt werden, da kein Nachwaschen nötig ist. Eine weitere innovative Lösung ist der Ersatz von Silikon in Haut- und Haarpflegeprodukten durch nachhaltigere Konditionierungsmittel auf Tamarindenbasis. „Das ISC3 ist ein Katalysator für nachhaltige Veränderungen. Schutzen wurde direkt durch Interaktionen mit ISC3 motiviert und inspiriert, um nachhaltigere Chemikalien zu entwickeln, die im Laufe der Jahre die Richtung des Denkens in Bezug auf die Bedürfnisse der Welt vorgegeben haben", so Raj Tanna.

Tamarinde: ein wertvoller nachhaltiger Rohstoff für viele Anwendungen

Hintergrund: Der Tamarinden-Baum ist ein in Indien weit verbreiteter Obstbaum, der im Gegensatz zum Beispiel zur Guarbohne, aus der Stoffe mit ähnlichen Eigenschaften wie denen der Polymere von Schutzen für den Textildruck gewonnen werden, weniger fruchtbaren Boden benötigt. Tamarindensamen haben in der Lebensmittelindustrie einen geringen Wert, da nur Früchte (auch bekannt als indische Datteln) verwendet werden und die Samen als Abfallprodukt zurückbleiben. Das macht Tamarindensamen zu einem kostengünstigen Rohstoff. Während seines Studiums forschte Raj Tanna an der Verarbeitung eines Tamarinden-Polymers, um dieses als natürliches Verdickungsmittel im Textildruckverfahren mit Faserreaktivfarbstoffen einzusetzen.

Erster Erfolg: Reaktivfarbstoffe mit Polymeren aus Tamarindensamen

„Tamarinden-Polymer wird in der Industrie seit fast 60 Jahren verwendet, viele Unternehmen in Indien haben es in den vergangenen 20 Jahren für den Polyesterdruck eingesetzt“, erklärt Raj, der von seinem Vater Mahendra Tanna und dessen Erfahrung, unter anderem in einem international tätigen deutschen Unternehmen für Textil-Spezialchemie in Indien, unterstützt wird. „Es handelt sich also nicht um ein neues Polymer, vielmehr geht es darum, zu verstehen, wie dieses Polymer verarbeitet und nachhaltig in verschiedensten Branchen sowie neuen Anwendungen wiederverwendet werden kann“, so Raj Tanna. Im Anschluss an die Forschung an der Universität brachte die Schutzen Chemical Group ihre eigenen biobasierten Harze auf den Markt, um einen knitterfreien Effekt von Textilien ohne die Verwendung von giftigen Dimethyloldihydroxyethylenharnstoffen (DMDHEU) zu erzielen und auf diese Weise einen nachhaltigeren Umgang mit Zellulosefasern wie Baumwolle zu ermöglichen.

Mit welchen chemischen Prozessen werden Polymere aus Tamarindensamen bei Schutzen gewonnen?

Tamarinde ist eine natürliche Substanz mit einem hohen Molekulargewicht und Stickstoffgehalt. Zur Verarbeitung muss diese durch Depolymerisation und Carboxylierung wasserlöslich gemacht werden, ohne den Stickstoffgehalt zu beeinträchtigen. Schutzen hat ein patentiertes Verfahren entwickelt, mit dem das gelingt und Tamarinden-Polymere mit speziellen Eigenschaften gewonnen werden können. Das Ergebnis sind zwei Grundpolymere: eine amphotere Verbindung, die beispielsweise in Haut- und Haarpflegeprodukten verwendet werden kann, und eine Verbindung ohne basische oder saure Gruppen, die den Stickstoffgehalt beibehält und gleichzeitig unter anderem eine gute Viskosität aufweist, ohne die Ladungsdichte zu beeinträchtigen. Dieses Verfahren macht Fasern schrumpf- und knitterfest und ist für den Einsatz in der Harzveredelung wichtig.

 

   

Christian Ruth-Strauß
Director Communications ISC3

christian.ruth-strauss@isc3.org

René Sutthoff
Konsequent PR
sutthoff@konsequent-pr.de

 

Über das ISC3
Das ISC3 fördert Nachhaltige Chemie für eine nachhaltige Welt. Dafür unterstützt das Internationale Kompetenzzentrum für Nachhaltige Chemie den Wechsel chemischer und chemienaher Sektoren zur Entwicklung nachhaltiger Lösungen. Ziel ist eine Kreislaufwirtschaft, die die vielfältigen Aspekte der Nachhaltigkeit über den gesamten Lebenszyklus von Produkten umsetzt, und ein Umdenken im Verhalten aller Beteiligten. Um den Dialog zwischen verschiedenen Sektoren und Akteuren weltweit, einschließlich Europa und anderen Regionen sowie Schwellen- und Entwicklungsländern voranzubringen, verfolgt das ISC3 einen Multi-Stakeholder-Ansatz mit der Vernetzung von politischen Entscheidungsträgern, öffentlichen und privaten Sektoren, Bildung, Wissenschaft und Gesellschaft. Es leistet einen Beitrag zur internationalen Chemikalienpolitik, entwickelt berufliche und akademische Weiterbildungsangeboten, berät Unternehmen und fördert Start-ups sowie die Forschung. Das 2017 vom Umweltbundesamt und dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz gegründete Zentrum wird von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) getragen und von der Gesellschaft für Chemische Technik und Biotechnologie (DECHEMA e.V.) als ISC3 Innovation Hub sowie der Leuphana Universität Lüneburg als ISC3 Research & Education Hub unterstützt. www.isc3.org

Abonnieren

Medien

Medien