Krebs als Armutsrisiko – vor allem bei jungen Patienten

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Thema des 23. Durbacher Onkologietags war „Krebs und Beruf“ – eine prekäre Mischung, die für Betroffene oft in finanziellen und sozialen Notlagen mündet

Durbach, 12. April 2019. Der Durbacher Onkologietag der MEDICLIN Staufenburg Klinik hat Tradition: Am Mittwoch, den 10. April 2019, fand er zum 23. Mal statt. Das Thema „Krebs und Beruf“ lockte dieses Jahr über vierzig Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter an, die sich über das Thema für ihre Arbeit mit Betroffenen auf dem Laufenden halten möchten. Jens Leiendecker, Oberarzt Urologie an der Staufenburg Klinik, moderierte die Veranstaltung und freute sich, dass man auch dieses Jahr wieder sehr kompetente externe Referenten gewonnen habe.

„Viele Tumorpatienten könnten von einer Reha profitieren“, leitete Prof. Jürgen Wagner, Chefarzt der Staufenburg Klinik, die Veranstaltung ein. „Leider ist der Übergang in die Reha keine Selbstverständlichkeit.“

Daran knüpfte auch der erste Vortrag an, der Gründe für die – trotz zunehmender Tumorneuerkrankungen – stagnierende Zahl von Reha-Anträgen analysierte. Die Referentinnen Carolin Dresch, Gesundheitspädagogin im Universitätsklinikum Freiburg im Bereich Tumorbiologie, und Anne Taubert, Diplom-Sozialarbeiterin im Bereich am Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) des Universitätsklinikums Heidelberg, stellten den Teilnehmern die größten Barrieren für den Weg von Tumorpatienten in die Reha vor.

Danach erklomm das Staufenburger MBOR-Team bestehend aus Ärzten, Psychologen, Sozialdienst, Ergo- sowie Physio- und Sporttherapeuten die Bühne. MBOR steht für Medizinisch-beruflich orientierte Rehabilitation, die sich an Tumorerkrankte mit besonderer beruflicher Problemlage richtet. Darunter fallen zum Beispiel arbeitslose Patienten oder solche, die seit mehr als drei Monaten arbeitsunfähig sind. Ziel des Programms ist es, Patienten in den Arbeitsprozess zurückzubringen. Neben psychologischer und sozialrechtlicher Unterstützung wird der Betroffene im sogenannten Work Hardening wieder fit für den Arbeitsalltag gemacht. „Dabei handelt es sich um ein Arbeitsplatztraining“, erklärte Ergotherapeutin Viktoria Graf, „bei dem die individuellen beruflichen Tätigkeiten so genau wie möglich simuliert werden.“

Gründe dafür, dass viele Tumorpatienten ihren Beruf nicht mehr ausüben können, sind etwa Harninkontinenz nach Prostatatumoren, psychoonkologische Belastung, aber auch Gedächtnisprobleme oder tumorassoziierte Fatigue (Erschöpfungs-Syndrom).

„Ich schlafe wie ein Stein, und bin trotzdem so müde“
Tumorbedingte Fatigue war auch Thema von Dr. Jasmin Doll, Oberärztin Onkologie an der Staufenburg Klinik. Dabei handele es sich um einen anhaltenden und belastenden Zustand von Erschöpfung, Müdigkeit und Energiemangel, der unverhältnismäßig sei zur vorangegangenen Aktivität. „Wenn wir nach einem anstrengenden Tag müde sind, ist das in Ordnung “, sagte Doll. Ein Tumorpatient berichtet zum Beispiel: „Ich schlafe wie ein Stein, aber wenn ich wach bin, bin ich trotzdem so müde.“ Weitere mögliche Symptome sind Konzentrations- und Gedächtnisstörungen, aber auch Angst und Niedergeschlagenheit.

Fatigue kann laut Doll zu jedem Zeitpunkt einer Tumorerkrankung auftreten: „Teilweise leiden Patienten schon vor der Diagnose darunter.“ Aber auch während und nach der Therapie können die Beschwerden die Lebensqualität der Patienten beeinträchtigen – und das mitunter jahrelang. Bei der Entstehung von Fatigue spielen viele verschiedene Einflussfaktoren eine Rolle, beispielsweise der Tumor selbst, aber auch die Therapie oder Begleiterkrankungen.

In vielen Fällen könne die ausgeprägte Müdigkeit zu beruflichen Schwierigkeiten, sozialer Isolation und finanziellen Notlagen führen. „Krebs ist ein Armutsrisiko ­– vor allem bei jungen Patienten“, betonte Doll.

Die beste Therapie sei körperliche Aktivität. „Medikamente zeigen wenig Erfolg und werden höchstens unterstützend eingesetzt.“ Körperliches Training dagegen „hat den größten Nutzen für die Patienten.“ Wichtig seien täglich 30 bis 45 Minuten Ausdauertraining plus Krafttraining. Natürlich sollte man sich dabei nicht überfordern: Die Betroffenen sollten mit geringer Intensität beginnen, das Training langsam steigern und immer wieder Pausen einlegen. „Ideal ist, wenn die Sportart auch Spaß macht, damit die Patienten dabei bleiben“, empfahl Doll. Bewegung könne Fatigue sogar vorbeugen: „Jeder Tumorpatient sollte sich bewegen, auch damit er die Therapie besser verträgt.“

Tumorpatienten mit Fatigue werden in der MEDICLIN Staufenburg Klinik durch verschiedene Reha-Maßnahmen unterstützt, etwa Psychoedukation, Anleitung zum Aktivitätsmanagement, psychologische Einzelgespräche aber auch Mind-Body-Therapien wie Qi Gong oder autogenes Training, die auf Achtsamkeit und Entspannung setzen. „Auch für den beruflichen Wiedereinstieg trotz Fatigue ist eine onkologische Reha sinnvoll“, bekräftigte die Onkologin.

Junge Krebspatienten geraten besonders häufig in Notlagen
Armut durch Krebs zog sich als roter Faden auch durch den Vortrag des vierten Referenten: Felix Pawlowski von der Deutschen Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs beleuchtete das Thema "Krebs und Beruf" bei jungen Erwachsenen. Mit Anfang oder Mitte 20 befinden sich viele Menschen mitten in der Ausbildung, denken noch nicht an die Familienplanung, verfügen über begrenzte finanzielle Mittel und sind kaum abgesichert. „Krebs zieht Betroffenen in jedem Alter den Boden unter den Füßen weg. Aber bei jungen Menschen trifft die Krankheit auf eine besondere Lebenssituation und ist extrem einschneidend“, sagt Pawlowski.

Bei jungen Erwachsenen mit Krebs handelt es sich um eine Nische: Circa 15.000 Neuerkrankungen pro Jahr gibt es unter den 18- bis 39-Jährigen. In diesem Alter tritt Brustkrebs bei Frauen und Hodenkrebs bei Männern besonders häufig auf, bei beiden Geschlechtern gefolgt von schwarzem Hautkrebs.

Die Heilungsrate sei mit 80 Prozent bei jungen Erwachsenen zwar gut. Trotzdem gerieten die Betroffenen durch die Unterbrechung der Ausbildung oder des Berufswegs sowie medizinischen und sozialen Langzeitfolgen – Chemo- und Strahlentherapie etwa können unfruchtbar machen, vorbeugende Kinderwunschbehandlungen und das Einfrieren von Eizellen seien teuer – oft in Notlagen.

Um junge Krebspatienten in ihren speziellen Belangen zu unterstützen, hat die Deutsche Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs die Website „Junges Krebsportal“ gegründet, auf der sich Betroffene individuell von Profis beraten lassen können – via Online-Chat, Telefon, aber auch im persönlichen Gespräch.

Pressekontakt:
Jelina Schulz
MEDICLIN Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Okenstr. 27
77652 Offenburg
Tel.: 0781 / 488-189
E-Mail: jelina.schulz@mediclin.de

Über die MEDICLIN Staufenburg Klinik
Die MEDICLIN Staufenburg Klinik ist eine Fachklinik für Innere Medizin und Onkologie mit den Fachabteilungen für Onkologie / Urologie, für Orthopädie, für Diabetologie (DDG Zertifizierung als Diabetologikum), für Nephrologie und für Adipositas. In einem speziellen Schwerpunktzentrum „Diabetes - Niere – Adipositas“ werden die Zusammenhänge dieser Erkrankungen, die oft gemeinsam auftreten, berücksichtigt. Die Klinik verfügt über 267 Betten.
Zum MEDICLIN-Standort Durbach gehört außerdem das MEDICLIN Traumazentrum Durbach, eine auf die Behandlung von akuten und komplexen Traumafolgestörungen spezialisierte private Akutstation der MEDICLIN Klinik an der Lindenhöhe. 

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Über MEDICLIN
Zu MEDICLIN gehören deutschlandweit 36 Kliniken, sieben Pflegeeinrichtungen, drei ambulante Pflegedienste und zehn Medizinische Versorgungszentren. MEDICLIN verfügt über knapp 8.300 Betten und beschäftigt rund 10.000 Mitarbeiter.
In einem starken Netzwerk bietet MEDICLIN dem Patienten die integrative Versorgung vom ersten Arztbesuch über die Operation und die anschließende Rehabilitation bis hin zur ambulanten Nachsorge. Ärzte, Therapeuten und Pflegekräfte arbeiten dabei sorgfältig abgestimmt zusammen. Die Pflege und Betreuung pflegebedürftiger Menschen gestaltet MEDICLIN nach deren individuellen Bedürfnissen und persönlichem Bedarf – zu Hause oder in der Pflegeeinrichtung.
MEDICLIN – ein Unternehmen der Asklepios-Gruppe.

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Viele Tumorpatienten könnten von einer Reha profitieren. Leider ist der Übergang in die Reha keine Selbstverständlichkeit.
Prof. Jürgen Wagner, Chefarzt der MEDICLIN Staufenburg Klinik
Jeder Tumorpatient sollte sich bewegen, auch damit er die Therapie besser verträgt.
Dr. Jasmin Doll, Oberärztin für Onkologie an der MEDICLIN Staufenburg Klinik