Privatschulfinanzierung weiterhin unzureichend – Studienergebnisse sind erklärungsbedürftig

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Wiesbaden/Hamburg, 12. Juni 2012 – Das Statistische Bundesamt (Destatis) hat heute die Ergebnisse einer Befragung von Schulen in freier Trägerschaft zu deren Einnahmen- und Ausgabensituation veröffentlicht. Die Bundesarbeitsgemeinschaft Freier Schulen (AGFS) weist darauf hin, dass die dargestellten Ergebnisse nur im Kontext der sehr unterschiedlichen gesetzlichen Finanzierungsbedingungen freier Schulen in den Bundesländern interpretierbar sind. Die Ergebnisse sind auch dadurch erklärungsbedürftig, dass sie die in der amtlichen Statistik übliche kameralistische Ausgabenerfassung zugrunde legen und so nicht die vollen Kosten des staatlichen Schulwesens abbilden.

So kommt Destatis zu dem Ergebnis, dass mehr als drei Viertel der Einnahmen freier Schulen von den Bundesländern gezahlt werden. Dieses Ergebnis sagt allerdings nichts über die absolute Höhe der geleisteten Finanzhilfe und deren Deckung der Gesamtkosten von Schulen in freier Trägerschaft aus. Das Institut der Deutschen Wirtschaft Köln (IW) hat im letzten Jahr festgestellt, dass die staatliche Finanzhilfe je nach Bundesland nur 50 bis 60 Prozent der tatsächlichen Gesamtkosten von freien Schulen deckt. Die andere Hälfte müssen die Bildungseinrichtungen insbesondere durch effizientes Schulmanagement, wirtschaftlichen Ressourceneinsatz und großes persönliches Engagement von Schulleitung und Lehrkräften ausgleichen. In acht der sechzehn Bundesländer zahlt das Land für jeden Schüler einer allgemeinbildenden freien Schule zwischen 2.000 und 3.000 Euro weniger, als für einen Schüler einer staatlichen Schule. Konservativ gerechnet spart die öffentliche Hand pro Jahr rund 1,2 Milliarden Euro durch freie Schulträger.

Weiter kommt Destatis in dem Bericht zum Ergebnis, dass allgemeinbildende freie Schulen durchschnittlich rund 1.000 Euro mehr je Schüler ausgeben als staatliche Einrichtungen. Dieses Ergebnis ist erklärungsbedürftig: Zum einen führt die kameralistische Ausgabenerfassung des Staates zu einer Untererfassung der Ausgaben staatlicher Schulen. Nach Berechnungen des IW liegen die tatsächlichen Ausgaben des Staates je Schüler rund 1.800 Euro höher als ausgewiesen. Zum zweiten fallen im Bericht unter die Rubrik „Allgemeinbildende Schulen“ auch Förderschulen, die aufgrund der deutlich umfangreicheren Betreuungsanforderungen ihrer Schüler eine um ein Vielfaches höhere Ausgabenstruktur haben als beispielsweise eine Realschule oder ein Gymnasium. Dies verzerrt den ermittelten Durchschnittswert erheblich, weil die Förderschulen bei den Schulen in freier Trägerschaft überproportional stark vertreten sind. Zehn Prozent aller Schüler an Schulen in freier Trägerschaft besuchen eine Förderschule. Das sind doppelt so viele Förderschüler als im Gesamtdurchschnitt der allgemeinbildenden Schulen. Darüber hinaus spiegeln sich in den höheren Ausgaben je Schüler etwa bei den Grundschulen in freier Trägerschaft deren konzeptionellen und strukturellen Unterschiede zu staatlichen Schulen wider. Freie Schulen haben vielfach kleine Klassen und dadurch eine für Schüler günstige Schüler-Lehrer-Relation, neben Lehrkräften beschäftigen sie weiteres pädagogisches Personal, etwa Schulpsychologen und Sozialpädagogen, und sie tragen durch zusätzliche Betreuungs-, Förder- und Unterstützungsangebote zur Chancengerechtigkeit bei. All das ist nicht kostenlos, fördert aber das individuelle Wohlbefinden, die Betreuungs- und Unterrichtsqualität und damit die individuelle Leistungsfähigkeit der Schüler nachhaltig.

Darüber hinaus bleiben bei der Destatis-Erhebung die zum Teil dramatischen Mittelkürzungen für freie Schulen der letzten Jahre unberücksichtigt. Die Erhebung bezieht sich auf das Jahr 2009 und stellt somit nicht die aktuelle Finanzsituation freier Schulen dar. In den Jahren 2010 und 2011 haben Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Thüringen ihre Finanzhilfezahlungen für freie allgemeinbildende und berufsbildende Schulen zum Teil um bis zu 30 Prozent reduziert. Die Unterfinanzierung der Freien Schulen aufgrund zu geringer Landeszuschüsse wird von den Freien Schulen seit Jahren kritisiert. Freie Schulen erfüllen einen Verfassungsauftrag, denn sie sorgen dafür, dass Eltern von ihrem Recht Gebrauch machen können, diejenige Schule auszuwählen, die sie besonders geeignet für die Bildung ihrer Kinder halten. Deshalb möchten die Schulen in Freier Trägerschaft für alle Interessierten zugänglich sein, und das unabhängig von den finanziellen Möglichkeiten der Eltern.

Ansprechpartner bei den Mitgliedern der AGFS:

Arbeitskreis Katholischer Schulen in Freier Trägerschaft
in der Bundesrepublik Deutschland (AKS)
Matthias Kopp (Pressesprecher der Deutschen Bischofskonferenz)
Kaiserstraße 161, 53113 Bonn
Tel.: 02 28 / 103-214
E-Mail: pressestelle@dbk.de
Internet: www.katholische-schulen.de

Arbeitskreis Evangelische Schule (AKES)
Oberkirchenrat Reinhard Mawick  (Pressesprecher der EKD)
Tel.: 0511/27 96 - 268
Fax: 0511/27 96 - 777
E-Mail: reinhard.mawick@ekd.de
Internet: http://schulen.evangelischer-bildungsserver.de

Bund der Freien Waldorfschulen e.V.
Dr. Albrecht Hüttig
Wagenburgstraße 6, 70184 Stuttgart
Telefon: 0711 21042-40
Internet: www.waldorfschule.de  

VDP Verband Deutscher Privatschulverbände e.V.
Florian Becker (Pressesprecher)
Reinhardtstraße 18, 10117 Berlin
Tel.: 030 / 28 44 50 88-2
Mail: presse@privatschulen.de
Internet: www.privatschulen.de

In der Bundesarbeitsgemeinschaft Freier Schulen (AGFS) arbeiten die vier Vereinigungen und Verbände von Schulen in Freier Trägerschaft auf Bundesebene zusammen. Durch diese sind in der AGFS circa 3.160 Schulen mit etwa 771.000 Schülerinnen und Schülern organisiert.

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