Dichtes Regelwerk schafft engen Schutzkokon für Schwangere
(Bonn, den 24.05.2013) Schwangerschaften sind für Arbeitgeber mit erheblichen Kosten verbunden. Entsprechend groß ist ihr Anreiz, sich der Folgen zu entziehen. Daher hat der Gesetzgeber den Schutz während der Schwangerschaft und in der ihr folgenden Elternzeit engmaschig gewebt. „Das Mutterschutzgesetz ist nur noch ein Baustein neben vielen anderen Regelungen“, erläutert Manfred Becker, Fachanwalt für Arbeitsrecht bei der Kanzlei Eimer Heuschmid Mehle in Bonn. Die vier Schutz-Ebenen sind:
Mutterschutz
Nach § 9 des Mutterschutzgesetzes ist die Kündigung einer Frau während der Schwangerschaft und bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung unzulässig. Ferner besteht für den Zeitraum von acht Wochen vor und zwölf Wochen nach der Geburt ein grundsätzliches Beschäftigungsverbot. Der Entgeltanspruch bleibt in dieser Zeit bestehen.
Während der gesamten Schwangerschaft gibt es zudem Beschäftigungsverbote für bestimmte Tätigkeiten und für den Fall, dass ein ärztliches Attest bescheinigt, Leben oder Gesundheit von Mutter und Kind seien bei der Fortdauer der Beschäftigung gefährdet. „Entgelttechnisch werden schwangere Frauen in diesen Fällen wie arbeitende Männer behandelt“, erläutert Becker. Werden Entgeltbestandteile wie etwa Anwesenheitsprämien gekürzt, weil die Frau aufgrund der Schwangerschaft abwesend war, diskriminiert dies die schwangere Mitarbeiterin. Daher greift in diesen Fällen ein Gleichstellungsanspruch.
Elternzeit
Grundsätzlich können Eltern bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres ihres Kindes Elternzeit in Anspruch nehmen. In den ersten zwölf Monaten nach der Geburt erhalten sie ein Elterngeld von 67 % des bisherigen Einkommens. Die Elternzeit ist spätestens sieben Wochen vor ihrem Beginn schriftlich vom Arbeitgeber zu verlangen. Gleichzeitig muss der Elternteil erklären, für welche Zeiträume innerhalb von zwei Jahren Elternzeit genommen wird. Mit Zustimmung des Arbeitgebers kann ein Anteil von zwölf Monaten auf die Zeit bis zur Vollendung des 8. Lebensjahres des Kindes übertragen werden.
Nimmt ein Elternteil die ersten beiden Jahre voll in Anspruch, so besteht für das sich unmittelbar daran anschließende 3. Jahr ein Rechtsanspruch auf Elternzeit. „Dieser Rechtsanspruch besteht allerdings nicht“, warnt Becker, „wenn das Elternteil aus den zwei Jahren nur ein Jahr Elternzeit in Anspruch genommen hat. Dann kann sich ein 3. Jahr nur mit Zustimmung des Arbeitgebers anschließen.“ Während der Elternzeit besteht ein besonderer Kündigungsschutz. Dieser ist verankert in §18 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG)
In Betrieben mit in der Regel mehr als 15 Arbeitnehmern haben Eltern eine weitere Option: Sie können ihre Arbeitszeit auf 15 bis 30 Wochenstunden verringern. Becker: „Der Arbeitgeber kann dem nur dringende betriebliche Belange entgegensetzen.“ Ein solcher Verringerungsanspruch kann während der Elternzeit zwei Mal geltend gemacht werden. „Diese zwei Mal werden allerdings nicht aufgebraucht, wenn es aus der Arbeitssituation heraus zu einvernehmlichen Verringerungen der Arbeitszeit kommt“, betont Becker, „gegebenenfalls kann dadurch ein verständnisvoller Arbeitgeber schlechtere Karten haben als derjenige, der nur auf eine formale Geltendmachung des Anspruchs reagiert.“
Ein Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit besteht auch nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz. Dieser ist allerdings drei Monate vor dem geplanten Beginn geltend zum machen. Arbeitsrechtler Becker rät daher: „Wenn absehbar ist, dass nach Ablauf der Elternzeit nicht Vollzeit gearbeitet werden kann, sollte der Anspruch frühzeitig vor Ende der Elternzeit geltend gemacht werden.“ Werden die Fristen nicht eingehalten und möchte der Arbeitgeber keine Arbeitszeitverkürzung bewilligen, müsste der Elternteil andernfalls voll arbeiten gehen.
Beschäftigungsschutz
Während die Regeln des Mutterschutzes den konkreten Arbeitsplatz erhalten, entfaltet das Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz nur einen beschränkten Schutz. Becker: „Dieses Gesetz gewährt einen Beschäftigungsschutz. Den Arbeitnehmern bzw. den Arbeitnehmerinnen, die Elternzeit in Anspruch genommen haben, steht nur ein Anspruch auf einen gleichwertigen Arbeitsplatz zu.“ Hier hat der Arbeitgeber also die Möglichkeit, den alten Arbeitsplatz langfristig neu zu besetzen.
Diskriminierungsschutz
Informationen sind das A und O des Arbeitgebers, um sich der wirtschaftlichen Folgen einer Schwangerschaft entziehen zu können. Da liegt es nahe, dass Fragen gestellt werden. „Insbesondere bei der Einstellung möchten Arbeitgeber von Bewerberinnen erfahren, ob eine Schwangerschaft vorliegt“, berichtet Arbeitsrechtler Becker. Die Idee dahinter: Wenn einer Schwangeren schon nicht gekündigt werden kann, ließe sich der Arbeitsvertrag im Falle einer falschen Antwort wegen arglistiger Täuschung anfechten.
Das lassen die Gerichte jedoch nicht zu. „Eine Schwangerschaft ist kein aufklärungspflichtiger Umstand“, stellt Becker klar, „die Frage diskriminiert mithin die Befragte.“ Es besteht also auch keine Aufklärungspflicht der Bewerberin, falls der Arbeitgeber nicht nach einer Schwangerschaft fragt. Ob das auch dann gilt, wenn die Bewerberin aufgrund der Schwangerschaft einem dauerhaften Beschäftigungsverbot unterliegt, ist europarechtlich zweifelhaft.
Für den Arbeitgeber kann es damit ganz hart kommen: So hat das Landesarbeitsgericht Köln entschieden, dass eine Anfechtung auch dann nicht möglich ist, wenn die Bewerberin um eine befristete Schwangerschaftsvertretung ihre eigene Schwangerschaft verschweigt.
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