Strohgedämmtes Mehrzweckgebäude erfüllt höchste Bauanforderungen

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Benediktinermönche errichten im Kloster Plankstetten den größten Strohballenbau Süddeutschlands mit eigenem Holz und Stroh

Interview mit Frater Andreas Schmidt, OSB, Projektleiter und Vertreter der Bauherrschaft
 

Wie kam es dazu, dass Sie in Ihrem Kloster einen Neubau errichtet haben?
Seit 1998 werden die historischen und denkmalgeschützten Klostergebäude in mehreren Bauabschnitten saniert. Der Neubau „Haus St. Wunibald“ ist ein Teilprojekt der Generalsanierung unserer denkmalgeschützten Klosteranlage. Wir benötigen das Gebäude zur Unterbringung unserer Gäste, während die bisherigen Zimmer saniert werden, und wollen auch generell die Zahl unserer Gästezimmer erhöhen. Außerdem wird der Mehrzweckbau die Pfarrverwaltung und einen Kindergarten mit zwei Gruppen beherbergen. Die Kinder wie auch unsere Gäste und die Seelsorger können so erleben, wie sich „gesundes Wohnen“ anfühlt.

Sie haben die Strohbauweise gewählt, weil Sie zu Ihrem spirituellen Auftrag passt, die Schöpfung zu bewahren. Sind Sie mit dieser Idee auf Widerstände gestoßen?
Seit über 25 Jahren bemühen wir Benediktiner von Plankstetten uns, unsere gesamte Lebens- und Wirtschaftsweise in Einklang mit der Schöpfung Gottes zu bringen. Dass wir dieses Ziel auch beim Bauen konsequent und hartnäckig verfolgen, indem wir ökologisch nachhaltig, energieeffizient und mit eigenen Baustoffen bauen wollen, davon war das Projektteam und mancher Fördergeber überrascht.  

Für den Neubau wurden 300 m3 Stroh gebraucht. Kamen die komplett aus Ihrer Landwirtschaft?
Ja, uns war wichtig, das eigene Stroh als Baustoff zu verwenden. So haben wir Bioqualität sichergestellt und von kurzen Beschaffungswegen profitiert. Eine Anforderung war dabei, dass wir das Umpressen der eigenen Großballen vor Ort realisieren wollten, um den Baustoff nicht unnötig zu transportieren. Das haben wir mithilfe der mobilen Umpressanlage der Firma SonnenKlee GmbH aus Österreich geschafft. Sie presste die rund 2.500 Baustrohballen auf unserem Klostergut, wo sie anschließend von der Baustroh GmbH als Baustoff ausgewiesen wurden. Die fertigen Ballen haben wir in unseren Scheunen zwischengelagert.

Woher kommen die 400 m3 Bauholz und welche Holzart haben Sie verwendet?
Sowohl beim Rohbau als auch bei der Inneneinrichtung verwenden wir ausschließlich Fichtenholz, das zu 100 % aus dem eigenen Klosterforst kommt. Rund 500 Bäume wurden dafür sorgfältig ausgewählt.

War es aufwendig, die Baugenehmigung für St. Wunibald zu erhalten?              
Nein. Hilfreich war aber, sich mit am Bau beteiligten Akteuren bzw. Fachstellen frühzeitig abzustimmen, bevor der offizielle Bauantrag eingereicht wurde. Wir sprachen im Vorfeld u.a. mit dem Bauamt, dem Denkmalamt, dem Gesundheitsamt sowie mit Brandschutz- und Naturschutzbeauftragten.

Wie verlief die öffentliche Auftragsvergabe?
Aufgrund des Budgetvolumens von St. Wunibald in Höhe von ca. 6 Millionen Euro und der Tatsache, dass Förderungen einen großen Teil des Budgets ausmachen, musste ein öffentliches Vergabeverfahren nach europäischen Regeln durchgeführt werden. Das Vergabeverfahren für das Planungsteam wurde 2012 eingeleitet. Es wurden Aufträge für Planung, Projektsteuerung, Hoch- und Tiefbau vergeben. Die EU-weite Ausschreibung wurde auf einer Internetplattform veröffentlicht (www.aumass.de).

Was waren Vor- und Nachteile dieser Vorgehensweise?
Von Vorteil war, dass die Internetplattform die Sache vereinfacht und papierlos gemacht hat. Als Nachteil sehen wir, dass kleine regionale Baufirmen diese digitale Ausschreibungsform derzeit noch scheuen.

Bei der Ausschreibung kamen weitestgehend regionale Akteure zum Zuge. Woran lag das?
Aufgrund der momentanen Hochkonjunktur im Bauwesen war es schwierig, überhaupt genügend Angebote zu erhalten. Wir sind deshalb froh, dass wir viele Bauaufträge an leistungsfähige regionale Baufirmen vergeben konnten. Das stellt sich als vorteilhaft für das Bauprojekt heraus und auch die regionalen Baufirmen profitieren zum Beispiel davon, dass sie kurze Wege zur Baustelle haben. Zudem handelt es sich beim Neubau St. Wunibald um ein Prestigeprojekt für die beauftragten Unternehmen.
Um bei der Ausschreibung eine Begünstigung bestimmter Firmen auszuschließen, gilt bei dem Verfahren höchste Transparenz. Die Internetplattform für EU-weite Ausschreibungen wurde daher auch mit der Klosterwebsite www.kloster-plankstetten.de verknüpft, so dass sich jeder Websitebesucher über die ausgeschriebenen Gewerke informieren konnte.

Gab es im Hinblick auf das Baumaterial Stroh Herausforderungen bei der Planung?
Sowohl das Architekturbüro als auch die Tragwerksplaner haben zum ersten Mal mit Stroh gebaut und hatten es hier gleich mit einem sehr anspruchsvollen Bauvorhaben zu tun. Daher war die Planung insgesamt schon eine Herausforderung für die Beteiligten. Doch Hirner & Riehl Architekten aus München ist ein sehr erfahrenes Architekturbüro, das genau wie der Tragwerksplaner Herr Lerzer sehr engagiert, mutig und offen für Neues ist und Interesse an nachhaltigem Bauen hat. Für den Planungserfolg war auch die gute Zusammenarbeit mit den Brandschutzingenieuren von Rassek & Partner von großer Bedeutung.

Welche Anforderungen gab es in Bezug auf den Brandschutz?
Das Gebäude ist ein „Sonderbau“ nach Bayerischer Bauordnung, so dass es z. B. besondere Anforderungen beim Brandschutz zu erfüllen hat. Im Vergleich zu anderen Ländern sind die Brandschutzanforderungen in Deutschland generell sehr hoch – unabhängig vom Baustoff Stroh. Das Brandschutzbüro Rassek & Partner hat für uns ein Brandschutzkonzept in Abstimmung mit dem Architekten und Tragwerksplaner entwickelt, das allen Anforderungen entsprach.
Ein wesentlicher Bestandteil des Konzepts war dabei der Aufbau der Außenwände. Sie enthalten innen wie außen jeweils eine nicht brennbare Schicht: von innen Lehmputz und von außen eine Gipsplatte. Außerdem mussten die Flucht- und Rettungswege aus Beton bzw. Gipskartonwänden mit nicht brennbaren Dämmstoffen gebaut werden. Eine direkt mit der Leitstelle verbundene Brandmeldeanlage mit Brandmeldern in allen Räumen sichert die Brandüberwachung.

Welche Herausforderungen gab es bei der Produktion der Holz-Stroh-Wände?
Das gesamte Gebäude wurde aus 50 strohgefüllten Wänden, 25 Holz-Decken-Elementen und zahlreichen Dachelementen zusammengefügt und gehört damit zu den größten Strohballenbauten in Deutschland. Die Zimmerei Holzbau Bogner GmbH, für die dies das erste strohgedämmte Gebäude war, hatte hierbei viele grundlegende Entscheidungen zu treffen, z. B. ob die Bauelemente vorgefertigt oder die Holzrahmen auf der Baustelle mit Stroh befüllt werden. Man hat sich entschieden, die Bauelemente im Zweischichtbetrieb in der Werkshalle vorzuproduzieren und sie dann in einem eigens dafür aufgestellten Bierzelt zwischenzulagern. Bei gutem Wetter mussten die nässeempfindlichen Holz-Stroh-Elemente dann rasch angeliefert, aufgestellt und montiert werden. Mit einer aufwendigen temporären Planenabdeckung wurde der Rohbau dann bis zur weiteren Verkleidung geschützt.

Inwiefern ist Stroh als Baustoff vorteilhaft für die Wärmedämmung und den Wärmeschutz des Gebäudes?
Stroh kann als Dämmstoff alles, was ein Dämmstoff können muss und erreicht jeden gängigen Dämmstandard. Als Bauherrschaft haben wir den Anspruch, mit dem Gebäude den Passivhausstandard zu erreichen und das haben wir auch geschafft.

Welche Richtlinien wurden in Bezug auf das Bauen mit Stroh zugrunde gelegt?
Stroh ist seit 2006 ein bauaufsichtlich anerkannter Baustoff in Deutschland. Wie man damit fachgerecht baut, wird in der Strohbaurichtlinie des Fachverbands Strohballenbau Deutschland e.V. beschrieben. Auf ihrer Grundlage haben sich die beteiligten Fachbetriebe in das Thema eingearbeitet.

Welche Reaktionen gab es seitens der Gebäudeversicherungen in Bezug auf die Versicherung des Neubaus?
Keine. Die Prämie der Bauwesenversicherung richtet sich nach den Baukosten und nicht nach den verwendeten Baumaterialien.

Würden Sie anderen öffentlichen Bauherrschaften das Bauen mit Stroh empfehlen und wenn ja, warum?
Wir Mönche empfehlen allen Bauherrschaften, die das Klima schützen und die Ressourcen der Erde für zukünftige Generationen erhalten wollen, mit Holz und Stroh zu bauen. Diese Bauweise ist inzwischen technisch ausgereift und hat eine herausragende Ökobilanz.

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