TecDAX-Hauptversammlungen: Solide Information, wenig Inspiration

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Berlin/Königswinter, 2. Juli 2018 - Die Wirkung der Redeauftritte zu den Hauptversammlungen der TecDAX-Unternehmen reicht von sehr gut bis nahezu imageschädigend. Zu diesem Ergebnis kommt der Verband der Redenschreiber deutscher Sprache (VRdS) zum Ende der Hauptversammlungssaison 2018. Einige Redeauftritte der Vorstandsvorsitzenden der TecDAX-Unternehmen können mit den Besten aus dem DAX30 mithalten.

„Thomas Vollmoeller von Xing trug einen Redetext vor, der sprachlich, argumentativ und vom Aufbau her hervorstach. Den Aixtron-Vorständen Felix Grawert und Bernd Schulte gelang ein angenehm lockerer Auftritt: Beide sprachen ohne Rednerpult und weitgehend frei. Die SLM Solutions Group schickte drei rhetorisch gute Vorstände auf die Bühne, die das Publikum im Team exzellent informierten“, so Tanja Faust, Leiterin der Rede-Analysen des VRdS im Bereich Wirtschaft.

Weniger gut bis schlecht hingegen schnitten Redner ab, deren Manuskripte nicht fürs Hören geschrieben waren, sondern eins zu eins dem Geschäftsbericht entnommen sein könnten. Ihre Reden erschöpften sich im kleinteiligen Finanz- und Effizienzreporting, in dem der rote Faden verloren ging.

Das ist umso bedauerlicher, als Hauptversammlungsreden eine gute Gelegenheit bieten, für das Unternehmen und seine Ziele zu werben. Durch zunehmende Berichterstattung in den Medien können CEOs mit ihrer jährlichen Präsentation eine große Öffentlichkeit erreichen. „Da lohnt sich ein professioneller Auftritt schnell“, so Tanja Faust.

Dass dies nicht unbedingt viel Aufwand und hohe Kosten erfordere, zeige die Analysearbeit: Ein gutes Manuskript sowie ein Redner, der Pausen setzt, die Stimme moduliert, Gestik und Mimik gezielt einsetzt, stoßen beim Publikum auf positive Resonanz. Tanja Faust: „Überraschend viele Zuhörer haben sich in Wortmeldungen dazu geäußert, wenn ein Redeauftritt besonders gelungen oder misslungen war – ein Indiz dafür, dass das Publikum spröde vorgetragene und schwer verständliche Reden nicht mehr unkommentiert lässt und gute Auftritte honoriert.“

Bereits seit 2014 analysieren ehrenamtliche Redeprofis des VRdS Hauptversammlungsreden auf ihre Qualität und Wirkung. Bewertet wird nach sechs Kategorien: Aufbau und Struktur, Argumentation, Sprache, Inhalt, Auftritt und Inszenierung. Im Anschluss gehen die Analysen dem Unternehmen zu. Ziel ist es, konstruktives Feedback zu geben und zur Verbesserung der Redekultur in Unternehmen beizutragen.

Bislang standen die DAX-30-Unternehmen im Fokus. „In diesem Jahr haben wir erstmals die Auftritte der TecDAX-CEOs analysiert, um zu sehen, wie und ob es den 30 Technologie-Unternehmen gelingt, ihre Aktionäre vom eingeschlagenen Weg zu überzeugen“, so Tanja Faust. „Von einem Ranking haben wir abgesehen, weil wir erst einen Gesamtüberblick gewinnen wollten.“ Das Ergebnis: Die meisten Redeauftritte informieren gut, aber inspirieren kaum.

Statt ihr Publikum mit sprachlichen Mitteln, guten Beispielen und einer spannenden Storyline zu begeistern, beschränken sich viele Vorstände auf Daten und Fakten. „Klare Botschaften gehen somit häufig in Detailinformationen und Zahlenbergen unter“, erklärt Faust. Einen weiteren Grund sieht der VRdS in der durchweg konventionellen Inszenierung. „Haltung, Erfolg, Glaubwürdigkeit und Vision – all dies kann eine Hauptversammlung transportieren. Die meisten TecDAX-Unternehmen nehmen diese Chance nur unzureichend wahr.“

Besonderes Augenmerk legte das Team von 25 Analystinnen und Analysten auf Ausführungen zur Digitalisierung. VRdS-Präsidentin Jacqueline Schäfer: „Die Digitalisierung verändert schon heute unseren Alltag und das Berufsleben. Die Entwicklung schreitet mit großen Schritten voran und wirft viele Fragen auf. Hier gehört es zur Verantwortung von Unternehmen, Auskunft darüber zu geben, wie es mit den unbestrittenen Herausforderungen umgehen wird.“

Überraschenderweise streiften einige CEOs dieses Thema nur. „Manche verzichteten sogar ganz darauf – und damit auf die Möglichkeit, Aktionäre davon zu überzeugen, dass das Unternehmen die Chancen der Digitalisierung zu nutzen weiß“, betont Tanja Faust.

Die meisten Vorstände aber gingen auf das Thema ein. Besonders gut gelang dies Werner Langenthaler, CEO des Biotech-Unternehmens Evotech. „Seine Rede überzeugte nicht nur, weil er das forschungsintensive und vielen sehr abstrakt erscheinende Thema Biotechnologie in Werte, Haltungen und Ziele übersetzte“, so Analyse-Leiterin Faust. „Er zeigte auch anschaulich und leicht nachvollziehbar auf, dass das Unternehmen für die Herausforderungen durch die Digitalisierung bestmöglich gerüstet ist.“

Weitere Informationen:

Kontakt:
Verband der Redenschreiber deutscher Sprache (VRdS)
Anja Martin, Sprecherin 
Tel: 0163 63 88 900, E-Mail: anja.martin@vrds.de

Über den VRdS:
Der Verband der Redenschreiber deutscher Sprache (VRdS) ist der Berufsverband der Redenschreiberinnen und Redenschreiber im deutschsprachigen Raum. Er setzt sich im Interesse seiner Mitglieder unter anderem für die öffentliche Anerkennung des Redenschreiberberufs als hoch qualifizierter Dienstleistungsberuf ein. Darüber hinaus fördert er die demokratische Rede- und Debattenkultur. www.vrds.de

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„Die Digitalisierung verändert schon heute unseren Alltag und das Berufsleben. Die Entwicklung schreitet mit großen Schritten voran und wirft viele Fragen auf. Hier gehört es zur Verantwortung von Unternehmen, Auskunft darüber zu geben, wie es mit den unbestrittenen Herausforderungen umgehen wird.“
Jacqueline Schäfer, Präsidentin des Verbandes der Redenschreiber deutscher Sprache (VRdS)
„Überraschend viele Zuhörer haben sich in Wortmeldungen dazu geäußert, wenn ein Redeauftritt besonders gelungen oder misslungen war – ein Indiz dafür, dass das Publikum spröde vorgetragene und schwer verständliche Reden nicht mehr unkommentiert lässt und gute Auftritte honoriert.“
Tanja Faust, Leiterin der Rede-Analysen des VRdS im Bereich Wirtschaft