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Bayerns „grünes Kloster“ eröffnet größtes strohgedämmtes Gebäude Süddeutschlands – Referenzprojekt für klimaschonendes Bauen in Europa

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Die Projektbeteiligten des Holz-Strohballenbaus Haus St. Wunibald (v.l.n.r.): Ulrich Bauer (natürlich-baubio-logisch GmbH), Benedikt Kaesberg (Projektleiter UP Straw), Zimmermeister Manfred Bogner  (Bogner Holzbau GmbH), Architekt Robert Härtl (hirner & riehl Architekten und Stadtplaner), Frater Andreas Schmidt OSB (Vertreter der Bauherrenschaft), Bürgermeister Ludwig Eisenreich (Stadt Berching) und Stefan Lerzer (Büro Lerzer ING + Plan GmbH) © Lorenz Märtl

Bauen mit Stroh leistet wichtigen Beitrag zur ökologischen Bauwende

Berching, 23. September 2021 – Mit dem Neubau des Hauses St. Wunibald hat das Kloster Plankstetten ein einzigartiges Referenzprojekt für klimaschonendes Bauen in Europa geschaffen: Das dreigeschossige Mehrzweckgebäude ist mit Holz aus dem klostereigenen Forst und Stroh von den ökologisch bewirtschafteten Feldern des Klosters errichtet sowie innenseitig mit Lehm verputzt. Stroh ist ein uralter Baustoff, der schon beim Wachstum CO2 bindet, im Gegensatz zu herkömmlichen Baustoffen, deren Produktion zu CO2-Emissionen führt. Im Haus St. Wunibald verbindet sich alte Handwerkskunst mit ökologischem Pioniergeist. Das Kloster Plankstetten zeigt damit, wie Klimaschutz im Gebäudesektor gelingt.

„Nachhaltig und im Einklang mit der Schöpfung wollen wir unser Kloster gestalten. Dafür werden nachwachsende, ressourcenschonende Baustoffe verwendet. Gemäß unseres regionalen Autarkiekonzepts beziehen wir diese vorzugsweise aus der Gegend“, so der bauverantwortliche Frater Andreas Schmidt OSB.
Im Haus St. Wunibald entstehen neben Kindergarten und Pfarrverwaltung 30 neue Einzelzimmer für den Gäste- und Tagungsbereich des Klosters. Diese neuen Zimmer stehen allen Gästen ab Januar 2022 zur Verfügung. Der Neubau in Plankstetten ist eines von fünf beispielgebenden Bauprojekten im europäischen Interreg-Projekt UP STRAW (gefördert Interreg-Programm North-West-Europe). Ziel des Projekts ist es, in den beteiligten EU-Staaten einen Markt für das Bauen mit Stroh zu entwickeln. Weitere Förderer des Projekts sind das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, die Diözese Eichstätt sowie die Stadt Berching.


Bauen mit Stroh ist dreifacher Klimaschutz
Der Gebäudesektor ist einer der größten Hebel, um die Klimaschutzziele der EU zu erreichen. Denn rund 40 Prozent der Endenergie und 30 Prozent der energiebedingten CO2-Emissionen entfallen auf diesen Bereich. Strohbau schützt das Klima dreifach: Im Wachstum entzieht Stroh der Atmosphäre CO2, die Herstellung der Strohballen benötigt wenig Energie und als hervorragender Dämmstoff hilft Stroh, Heizenergie zu sparen. Um CO2-Emissionen im Bauwesen zu senken und die Klimaschutzziele zu erreichen, ist diese Bauweise hervorragend geeignet. „Wir Mönche empfehlen allen Bauherrschaften, die das Klima schützen und die Ressourcen der Erde für zukünftige Generationen erhalten wollen, mit Holz und Stroh zu bauen. Diese Bauweise ist inzwischen technisch ausgereift und hat eine herausragende Ökobilanz“, so Frater Andreas Schmidt OSB. Im Vergleich zu einem emissionsintensiven konventionellen Massivbau spart ein ökobilanziell optimal gebautes Strohballenhaus 97t CO2-Äquivalent ein. Dies entspricht bei einem sparsamen 5-Liter-Mittelklassewagen einer Fahrtleistung von etwa 811.000 km oder circa 20 Erdumrundungen (Quelle: Ökobilanzstudie, Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V., Broschüre Strohgedämmte Gebäude, Kapitel 2 S. 8 ff.).

Bauweise und Baustoffe Haus St. Wunibald
Den Entwurf und die Planung des dreigeschossigen Neubaus, der sich an einem Hang hinter dem Kloster Plankstetten befindet, hat das Münchner Architekturbüro hirner & riehl Architekten und Stadtplaner erstellt: "Die Nutzung von Stroh als Baustoff ist so naheliegend, dass man in einem von der Verwendung von Industrieprodukten geprägten Planungsalltag fast nicht darauf kommt. 
Bei der Umsetzung von unserem Entwurf standen wir vor ganz neuen Herausforderungen“, so Architekt Robert Härtl.
Das Erdgeschoss wurde in den Hang hinein gebaut. Da diesem Geschoss eine wichtige statische Funktion bei der Hangsicherung zukommt und Holz innerhalb der Erde aufgrund der Feuchtigkeit nicht verwendet werden kann, besteht ein Großteil der Wände aus Beton. Alle Wände, die das Gewicht des Hangs nicht abfangen müssen und die nicht erdberührt stehen, wurden aus Holz und Stroh gebaut. Das Büro Lerzer ING + Plan GmbH aus Neumarkt, dem die Tragwerksplanung anvertraut war, gelang die statische Sicherung der instabilen geologischen Verhältnisse des Baugrundes in Zusammenarbeit mit den Bodengutachtern. „Das Argument, wir bauen ein Schutzbauwerk in Richtung des Berges, hat sich mehr als bestätigt. Im Zuge der Umsetzung hat er sich mehr als gewünscht in Bewegung gesetzt“, so Stefan Lerzer.


Baustoffe aus nachwachsenden Rohstoffen und regionaler Herstellung
Neben der geforderten energetischen Einhaltung des Passivhausstandards kamen, soweit baukonstruktiv möglich, ausschließlich CO2-neutrale Baustoffe aus regionaler Herstellung zur Verwendung. So konnten die Hauptgewerke an Firmen in der Region vergeben werden. Die im eigenen Klosterforst geschlagenen und im Sägewerkzugeschnittenen Baumstämme wurden nach deren Trocknung direkt vor Ort von der Zimmerei Holzbau Bogner als nebeneinanderliegende Deckenbalken eingebaut. Hierfür wurden insgesamt 500 massive Balken verwendet.
Die Wände bestehen aus Holzrahmen, in welche die Mitarbeiter der Zimmerei Holzbau Bogner insgesamt 2.500 Strohballen gepresst haben. Die Strohballen wurden auf dem Klostergut Staudenhof gefertigt. Die mobile Strohpresse der österreichischen Firma Sonnenklee hat das Stroh entstaubt, geformt und verdichtet. Anschließend wurden die Strohballen von der Baustroh GmbH als Baustoff geprüft und ausgewiesen. Beim Innenausbau kommt im gesamten Gebäude Hanf zur Isolation und Schallschutzdämmung zum Einsatz. „Die natürlichen Baustoffe ergänzen sich perfekt. Ich würde es auf jeden Fall wieder so bauen“, resümiert Zimmermeister Manfred Bogner. Das gesamte Gebäude wurde aus 100 strohgefüllten Wandelementen, 25 Massivholz-Deckenelementen und 30 strohgedämmten Dachelementen zusammengefügt. Der Neubau ist mit dem historischen Gebäudekomplex des Klosters über ein neues Kellergeschoss, in dem sowohl die umfangreiche Gebäudetechnik als auch die Gastroküche der Klosterschenke untergebracht ist, verbunden.

Höchster Brandschutz

Das Haus St. Wunibald ist ein „Sonderbau“ nach Bayerischer Bauordnung, so dass es höchste Anforderungen beim Brandschutz zu erfüllen hat. Ein wesentlicher Bestandteil des Konzepts war dabei der Aufbau der Außenwände. Die Strohballen sind normalentflammbar wie z. B. Holz auch, da sie durch das Pressen der Halme im Brandfall von Sauerstoff abgeschlossen sind. Sie sind innen wie außen jeweils durch eine nicht brennbare Schicht bedeckt: von innen mit Lehmputz und von außen mit einer Gipsplatte. Dabei konnte auf die seit 2014 in Deutschland existierende Strohbaurichtlinie zurückgegriffen werden, in der die Erfahrungen und das Wissen zum Strohballenbau zusammengefasst sind.
Die Flucht- und Rettungswege mussten aus Beton bzw. Gipskartonwänden mit nicht brennbaren Dämmstoffen gebaut werden. Eine direkt mit der Leitstelle verbundene Brandmeldeanlage mit Brandmeldern in allen Räumen sichert die Brandüberwachung.

Haus St. Wunibald macht Strohbau erlebbar
Mit der Entscheidung für die Holz-Strohbauweise haben die Mönche ein Vorbildgebäude geschaffen, das mit drei strohgedämmten Geschossen das größte seiner Art in Süddeutschland ist. „Uns war es wichtig, ein Haus mit Vorbildcharakter zu bauen, dass für alle zugänglich und erlebbar ist. Wir hoffen, dass wir viele mit unserem Vorhaben inspirieren und es vorangeht mit der ökologischen Bauwende“, so Frater Andreas Schmidt OSB. Der Neubau zeigt, dass ökologisch nachhaltiges und energieeffizientes Bauen auch im öffentlichen Bauwesen in dieser Größenordnung möglich ist und in eine historische und denkmalgeschützte Klosteranlage integriert werden kann. Ulrich Bauer von der natürlich-baubio-logisch GmbH, der das Kloster im Rahmen der Generalsanierung umfassend baubiologisch beraten hat, fasst zusammen: „Wenn wir es mit der Klimaneutralität im Bauwesen ernst meinen, müssen die konventionellen, mit hohem energetischem Aufwand hergestellten Bauprodukte wie Stahl und Beton durch die Konstruktion mit Holz substituiert und mit jährlich nachwachsenden Rohstoffen gedämmt werden. Dann werden auch strohgedämmte Häuser im größeren Umfang einen Platz in Deutschland finden.“


Steckbrief Haus St. Wunibald

  • Gebäudeart: Mehrzweckgebäude, Passivhausstandard
  • Auftraggeberin: Benediktinerabtei Plankstetten
  • Jahr der Fertigstellung: Ende 2021
  • Baubeteiligte (Auswahl):
  • Architekturbüro: hirner & riehl architekten und stadtplaner
    https://www.hirnerundriehl.de/project/haus-st-wunibald/
  • Tragwerksplanung: LERZER ING + Plan GmbH
  • Objektüberwachung: Ingenieurbüro Seibold + Seibold
  • Holz-Stroh-Konstruktion: Holzbau Bogner GmbH
  • Ausweisung der klostereigenen Strohballen als Baustoff: Baustroh GmbH
     
  • Nutzungsfläche: 1.555 m²
  • Kosten (gesamt): 6.000.000 € (Die Kosten beinhalten Aufwendungen, die im Zusammenhang mit besonderen Anforderungen an den Brandschutz, den Schutz des kulturellen Erbes und das Georisiko eines Erdrutsches stehen.)
  • Strohbauweise: Holzständerkonstruktion mit Strohballenausfachung aus
    vorgefertigten Elementen
  • Menge des im Projekt verwendeten Strohs: 300 m³
  • Entfernung zwischen der Strohversorgung und dem Projekt: 1,5 km
  • Menge des im Projekt verwendeten Holzes: 400 m3 Fichtenholz aus dem eigenen Klosterforst

Projektförderer:

  • Interreg-Projekt UP STRAW (gefördert vom Interreg-Programm North-West-Europe)
  • Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit
  • Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
  • der Bundesbeauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien
  • Stadt Berching
  • Diözese Eichstätt
 

Weitere Informationen auf:

www.kloster-plankstetten.de/strohbau
www.bau-mit-stroh.de
www.facebook.com/bau.mit.stroh
www.fasba.de



 

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Quick facts

Das Kloster Plankstetten zeigt, wie Klimaschutz im Gebäudesektor gelingt: Das dreigeschossige Mehrzweckgebäude St. Wunibald ist mit Holz aus dem klostereigenen Forst und Stroh von den ökologisch bewirtschafteten Feldern des Klosters errichtet sowie innenseitig mit Lehm verputzt.
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Zitate

Nachhaltig und im Einklang mit der Schöpfung wollen wir unser Kloster gestalten. Dafür werden nachwachsende, ressourcenschonende Baustoffe verwendet. Gemäß unseres regionalen Autarkiekonzepts beziehen wir diese vorzugsweise aus der Gegend.
Frater Andreas Schmidt OSB, Cellear des Klosters
Wir Mönche empfehlen allen Bauherrschaften, die das Klima schützen und die Ressourcen der Erde für zukünftige Generationen erhalten wollen, mit Holz und Stroh zu bauen. Diese Bauweise ist inzwischen technisch ausgereift und hat eine herausragende Ökobilanz.
Frater Andreas Schmidt OSB, Cellear des Klosters
Die Nutzung von Stroh als Baustoff ist so naheliegend, dass man in einem von der Verwendung von Industrieprodukten geprägten Planungsalltag fast nicht darauf kommt. Bei der Umsetzung von unserem Entwurf standen wir vor ganz neuen Herausforderungen.
Robert Härtl, Architekt
Das Argument, wir bauen ein Schutzbauwerk in Richtung des Berges, hat sich mehr als bestätigt. Im Zuge der Umsetzung hat er sich mehr als gewünscht in Bewegung gesetzt.
Stefan Lerzer, Tragwerksplaner
Die natürlichen Baustoffe ergänzen sich perfekt. Ich würde es auf jeden Fall wieder so bauen.
Manfred Bogner, Zimmermeister
Uns war es wichtig, ein Haus mit Vorbildcharakter zu bauen, dass für alle zugänglich und erlebbar ist. Wir hoffen, dass wir viele mit unserem Vorhaben inspirieren und es vorangeht mit der ökologischen Bauwende.
Frater Andreas Schmidt OSB, Cellear des Klosters
Wenn wir es mit der Klimaneutralität im Bauwesen ernst meinen, müssen die konventionellen, mit hohem energetischem Aufwand hergestellten Bauprodukte wie Stahl und Beton durch die Konstruktion mit Holz substituiert und mit jährlich nachwachsenden Rohstoffen gedämmt werden. Dann wer-den auch strohgedämmte Häuser im größeren Umfang einen Platz in Deutschland finden.
Ulrich Bauer, baubiologischer Berater