Regionalität, Nachhaltigkeit, Achtsamkeit: Reisende möchten nachhaltiger reisen. Starke Kommunikation von Vorbildern und Botschaftern gefragt
Tourismusexpert*innen sprechen sich für die Vorteile von Urlaub in der Region aus
Regionalität, Nachhaltigkeit, Achtsamkeit – sieht so der Urlaub der Zukunft aus? Wenn man Umfrageergebnissen1 der Reiseanalyse 2020 glaubt, dann eindeutig ja. Demnach erwarten Reisende, dass ihr Urlaub möglichst ökologisch verträglich, ressourcenschonend und umweltfreundlich sowie sozialverträglich sein sollte. Im Rahmen der Podiumsdiskussion zum Thema „Regionalität, Nachhaltigkeit, Achtsamkeit = Urlaub der Zukunft? Das Kloster Plankstetten als Vorbild“ beleuchteten renommierte Tourismusexpert*innen die Diskrepanz zwischen Aussagen und Verhalten der Reisenden und gingen auf die Chancen des nachhaltigen Tourismus ein.
Das Kloster Plankstetten (Bayerns grünes Kloster) zeigt, wie der Dreiklang Regionalität, Nachhaltigkeit, Achtsamkeit funktionieren kann. Die Benediktinerabtei Plankstetten, ein beliebter Anziehungspunkt für Reisende im Naturpark Altmühltal, weihte am 1. April 2022 ihr neues Gästehaus, das Haus St. Wunibald ein – Süddeutschlands größtes Holz-Stroh-Haus. Zur Einweihung hatte das Kloster Plankstetten zur hybriden Podiumsdiskussion geladen. Neben Gastgeber Abt Dr. Beda Maria Sonnenberg OSB war das Podium mit bekannten Experten und Expertinnen aus der Reisebranche prominent besetzt.
Die Klosterbetriebe Plankstetten leben aus Tradition Nachhaltigkeit im Einklang mit der Schöpfung Gottes. Die eigenen Klosterbetriebe Landwirtschaft, Gärtnerei, Metzgerei, Bäckerei, Imkerei und Brennerei arbeiten regional, saisonal sowie ökologisch und bereits seit 1994 nach den Bioland-Richtlinien. „Nachhaltigkeit war schon immer ein Thema in unserem Haus“, so Abt Dr. Beda Maria Sonnenberg OSB, Benediktinerabtei Plankstetten. „Die Regel des heiligen Benedikt lehrt uns, den Lebensbedarf aus der unmittelbaren Nähe des Klosters zu decken, so sollten zum Beispiel teure Importe vermieden werden“, sagt der Abt. „Dazu gehört, sich auf unsere Region einzulassen, Lebensmittel selbst herzustellen und sich mit anderen Produzenten aus der Nähe des Klosters zu vernetzen, also sozio-ökologisch zu handeln. Dies lässt uns die Erfahrung machen, dass die Natur uns Grenzen setzt. Auch eine solche ‚Grenzerfahrung‘ kann einen Erholungseffekt haben.“
Momentaufnahme: Welche Rolle spielt aktuell Nachhaltigkeit beim Reisen?
Barbara Radomski, Geschäftsführerin der Bayern Tourismus Marketing GmbH weiß, dass Urlaub zuallererst ein hedonistisches Thema ist: „Erholung und gutes Wetter stehen im Vordergrund, wenn das Hotel nachhaltig wirtschaftet, dann wird das mitgenommen. Aber nur 4 % der Reisenden richten ihren Urlaub bewusst nach dem Kriterium der Nachhaltigkeit aus. Gleichzeitig wird Nachhaltigkeit immer stärker ein Qualitätskriterium. Kunden erwarten, dass Hotels sich in diese Richtung bewegen. Es wird immer weniger toleriert, wenn nicht nachhaltig agiert wird.“
Prof. Dr. Jürgen Schmude, Professor für Tourismuswirtschaft, Nachhaltigkeit und CSR an der Ludwig-Maximilians-Universität München bestätigt, dass ein Drittel der Deutschen über nachhaltiges Reisen nachdenkt, jedoch zwei Drittel ihr Reiseverhalten nach der Corona-Pandemie beibehalten werden: „Viele haben immer noch die Einstellung: Lass mich im Urlaub mit Nachhaltigkeit in Ruhe. Vor allem sind es Familien, die sensibler reisen. Und auch die jetzige Schüler-Generation sendet starke Botschaften und beeinflusst so das Reiseverhalten ihrer Familien und Bezugspersonen.“
Negativaspekt Mobilität: Urlaub in der Region nachhaltiger?
Werner Sülberg, Dozent für Tourismusmanagement und ehem. Vice-President Corporate Deve-lopment/Strategic Market Research bei DER Touristik GmbH: „Ein Grundproblem ist, dass der Tourismus Bestandteil der Mobilitätsbranche ist. Das bedeutet, dass mit der Anreise ein Großteil der Urlaube erst einmal mit einer schlechten CO2-Bilanz beginnt. Daher bin ich der Meinung, dass sich die Mobilität in Deutschland massiv ändern muss und auch abgelegene Gegenden besser erschlossen werden müssen – durch die Bahn, den ÖPNV oder E-Mobil-Infrastruktur. Reisen kann grundsätzlich per Saldo keinen positiven Beitrag zum Klima leisten. Wer soll das kompensieren? Vor Corona sind 75 % der Deutschen mindestens einmal im Jahr verreist. 45 % der Reisenden fahren mit dem Auto in den Urlaub, weitere 45 % fliegen in den Urlaub. Nicht mehr zu reisen ist in freien und mobilen Gesellschaften keine Lösung. Das Reiseverhalten grundsätzlich zu ändern, kann immer nur zur teilweisen Entlastung der negativen Mobilitätsbilanz beitragen. Aber erste Ansätze sind erkennbar: Der sogenannte Massentourismus liegt nicht mehr im Trend. Es geht zunehmend in Richtung Spezialisierung auf Aktivitäten oder Themen bei Angebot und Nachfrage, wie zum Beispiel der Radtourismus, der auch für das Kloster Plankstetten ein interessanter Fokus sein kann“, so Sülberg.
Prof. Schmude weist auf die Mehrschichtigkeit der Nachhaltigkeit hin, die auch im Tourismus zum Tragen kommt: „Einen 100-prozentig nachhaltigen und klimapositiven Urlaub wird es nicht geben. Aber die Kompensation der An- und Abreise ist besser als nichts. Aktuell wird sehr wenig kompensiert. Bei den Flugreisen nur etwa 1 % der Flüge. Wir dürfen bei alldem nicht vergessen, dass Reisen ein Grundbedürfnis ist. Reisen bedeutet Regeneration, Wiederherstellung von Arbeitskraft. Wenn eine Tonne CO2 60 € kostet, wird der Auslandstourismus elitär. Da waren wir einmal, da wollen und dürfen wir nicht wieder hin. Urlaub muss demokratisch und damit sozial erreichbar bleiben.“
Roland Streicher, Inhaber des alternativen Reiseveranstalters ReNatour und Ehrenpräsident des forum anders reisen e.V. ist sich sicher, dass es in Zukunft aufgrund der steigenden Energie- und Mobilitätskosten weniger Kurztrips übers Wochenende geben wird. Ob der Trend in der Region Urlaub zu machen, der durch die Pandemie verstärkt wurde, anhalten wird, werde sich erst in den nächsten drei bis vier Jahren zeigen, so Roland Streicher. „Wir versuchen schon bei der Konzeption einer Reise alle Entscheidungen der Nachhaltigkeit unterzuordnen: Das betrifft die grundlegende Reiseidee, den Urlaubsort und den Weg dorthin, die Unterkunft, das Freizeitangebot und vieles mehr. Leider ist es für Laien alles andere als einfach zu erkennen, ob ein geplanter Urlaub den Ansprüchen an nachhaltiges Reisen genügt.“ Roland Streicher: „Urlaub ist systemrelevant aufgrund der Erholung, aber es wäre fatal, wenn wir unser Reiseverhalten auf andere Länder umlegen.“
Bedeutung Tourismus als Wirtschaftskraft
Barbara Radomski und Dr. Thomas Geppert, Landesgeschäftsführer des DEHOGA Bayern e.V. berichten aus Sicht der Urlaubsdestination Bayern und des bayerischen Hotel- und Gaststättengewerbes, welch hohen Stellenwert der Tourismus in der Region hat. „In Bayern ist die Gastronomie und Hotellerie eine wichtige Wirtschaftskraft, denn hier ist jeder 17. Erwerbstätige beschäftigt“, so Dr. Thomas Geppert. „In Bayern haben wir in der Region noch sehr viel touristisches Potential – vor allem nördlich von München. Hier geht es darum, Arbeitsplätz in diesen Regionen zu schaffen, so dass die Einheimischen vor Ort bleiben. Jede Investition in die touristische Infrastruktur kommt den Einheimischen zugute“, so Geppert. „Es ist ganz wichtig, die Bevölkerung vor Ort mitzunehmen, und deutlich zu machen, wie wichtig der Tourismus ist. Nachhaltige Tourismus -bzw. Destinationsentwicklung erfordert eine ganzheitliche Perspektive mit dem Ziel, die Lebensqualität für Einheimische und Gäste gleichermaßen zu erhöhen: Das bedeutet, die natürlichen Lebensgrundlagen zu erhalten, die Bedürfnisse von Gästen und Einheimischen mit denen des Natur- und Umweltschutzes zu verbinden und dabei eine langfristig sozialverträgliche Entwicklung mit hoher regionaler Wertschöpfung anzustreben“, so Barbara Radomski.
Um den Tourismus nachhaltig in der einheimischen Bevölkerung zu verankern, sieht Abt Dr. Beda Maria Sonnenberg eine flankierende Bildungsarbeit als Pflicht: „Wenn im Hintergrund des Tourismus keine Bildungsarbeit stattfindet, dann lernt auch kein Einheimischer seine Region kennen und wertschätzen. Nachhaltiger Tourismus ohne Bildung funktioniert nicht.“
Hat nachhaltiger Urlaub ein Kommunikationsproblem?
„Wir präsentieren Nachhaltigkeit über den Mehrwert. Denn Nachhaltigkeit heißt nicht Verzicht auf irgendetwas – das ist immer noch ein großes Vorurteil. Gut gelaunte Mitarbeiter, die einen fairen Lohn erhalten oder ein sauberer, müllfreier Strand – wir kommunizieren Nachhaltigkeit über die Vorteile, die Reisende davon haben. Nachhaltige Reiseanbieter müssen mit Qualität überzeugen“, so Roland Streicher. Dr. Thomas Geppert weist darauf hin, dass „viele Betriebe bereits sehr nachhaltig wirtschaften, aber es muss auch mehr kommuniziert werden und sichtbar gemacht werden.“ Und auch Prof. Schmude fordert: „Nachhaltiger Tourismus muss definitiv lauter werden. Rund ein Drittel will sein Reiseverhalten nach der Pandemie überdenken, doch viele Interessierte tun sich schwer, nachhaltige Produkte zu finden und zu erkennen “
Fazit: Nachhaltiger Tourismus braucht mehr Vorbilder und Botschafter
Damit der Urlaub der Zukunft und das Reiseverhalten regionaler, nachhaltiger und achtsamer wird, braucht es Leuchtturmprojekte aus der Branche, die zeigen, dass und wie es funktionieren kann. „Die Angebote, die bereits nachhaltig arbeiten, müssen lauter werden und Lust auf nachhaltiges Reisen machen“, so Prof. Jürgen Schmude. Das Kloster Plankstetten sieht sich als ein solches Vorbild. „Das Kloster Plankstetten ist ein Paradebeispiel für alle drei Säulen der Nachhaltigkeit (sozial, ökologisch und ökonomisch). Es schafft Wertschöpfung in der Region“, lobt Barbara Radomski das Engagement der Benediktinerabtei. Und auch Roland Streicher bestätigt: „Das Kloster Plankstetten hat eine sehr hohe Form von Nachhaltigkeit schon erreicht.“ Doch Abt Dr. Beda Maria Sonnenberg sieht noch Potential: „Nachhaltigkeit ist natürlich immer relativ und obwohl wir schon sehr weit sind, sind auch wir noch auf dem Weg. Dennoch – wir wollen Mut machen, es nachzumachen.“
1 Ergebnisse der Reiseanalyse 2020: „Nachhaltiges Reisen: Ansprüche und Verhalten“
Benediktinerabtei Plankstetten
Klosterplatz 1
92334 Berching
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Benediktinerabtei Plankstetten – Leben aus dem Ursprung
Hoch über dem Main-Donau-Kanal zwischen Berching und Beilngries liegt die Benediktinerabtei Plankstetten, die mit ihrer romanischen Kirche und barocken Klosteranlage auf eine über 900-jährige Geschichte zurückblicken kann. Im „grünen“ Kloster Bayerns werden seit 1994 Bioprodukte erzeugt, verarbeitet und regional vermarktet. Zu den ökologischen Klosterbetrieben gehören Landwirtschaft, Gärtnerei, Metzgerei, Bäckerei, Imkerei und Brennerei. Mit dem Ziel, ihre Lebens- und Wirtschaftsweise in Einklang mit der Umwelt zu bringen, wollen die Benediktinermönche aus Überzeugung und Tradition Verantwortung für den Erhalt von Gottes Schöpfung übernehmen. „Leben aus dem Ursprung“ ist das Motto des Klosters. Nachhaltigkeit wird in der Benediktinerabtei Plankstetten ganzheitlich gedacht und gelebt. Die Mönche handeln nach den Regeln des Heiligen Benedikts, in deren Zentrum die Regel steht: „Ut in omnibus glorificetur Deus" - Auf dass in allem Gott verherrlicht werde.
Weitere Informationen unter: http://www.kloster-plankstetten.de
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